Cloud - Abruptes Ende

Nicht erst seit Office 365 redet die ganze Welt von der Cloud. Eigentlich wird schon die MSXFAQ selbst seit über einen Jahrzehnt quasi "in der Cloud" betrieben. Nichts anderes ist ja das Hosten von Anwendungen bei einem Provider. Auch ihr Postfach bei web.de oder GMX ist eine Cloud-Anwendung. Insofern ist das nichts neues. Interessant wird das ganze aber, wenn man Begriffe wie langfristige Verfügbarkeit und die sicher zukünftig erforderliche Migration betrachtet. Es gibt nämlich auch einige Dienste, die es schon heute nicht mehr gibt, obwohl diese vielversprechend gestartet sind.

Bitte missverstehen Sie meine Aussage nicht als "Miesmacher" oder Berufsskeptiker.
Es ist ein Unterschied, ob eine Dienstleistung mit Vertrag "gekauft" wird oder kostenfreie Dienste genutzt werden. Aber die Einführung einer neuen Plattform, sei es nun selbst betrieben oder in der Cloud ist nur der Anfang. Die Frage nach einem späteren Wechsel, also Migration zu einem anderen Ziel, muss durchaus gestellt werden.

Schluss mit Office 365

Office 365 ist ein kommerzielles Angebot von Microsoft an Firmen und durch Verträge reglementiert. Damit sollten sowohl Microsoft als auch Sie als Kunde eine gewisse Klarheit über die Bereitstellung der Funktionen und der Rechte und Pflichten haben. Hier ist auch geregelt, wie eine Beendigung eines Vertragsverhältnisses aussieht und wie mit den Daten beim Anbieter umgegangen wird. Microsoft hat dies auch schön dokumentiert:


Quelle: What happens to my data and access when my Office 365 for business subscription ends?
https://support.office.com/en-us/article/What-happens-to-my-data-and-access-when-my-Office-365-for-business-subscription-ends-4436582f-211a-45ec-b72e-33647f97d8a3

Insofern ist hier zumindest für den Informierten gewerblichen Vertragspartner keine Überraschung zu erwarten. Es gibt zudem durch das Vertragsverhältnis auch benannte Ansprechpartner, die im Rahmen einer geregelten Korrespondenz informiert werden können.

Hinweis: Ein Tenant ohne Lizenzen wird nach 180 Tagen deprovisioniert.
https://docs.microsoft.com/en-us/office365/securitycompliance/office-365-data-retention-deletion-and-destruction-overview#subscription-retention
0-90 Tage Daten bleiben erhalten, Benutzer kann noch arbeiten
91 Day: Anmeldung wird deaktiviert, Daten gelöscht. Wer die Retention nutzt, muss also mindestens eine Lizenz vorhalten
180+ day: Tenant Deprovisioning. Der Domainname <tenantname>.onmicrosoft.com wird wieder freigegeben

Wenn Sie einen Tenant "ganze schnell" entfernen wollen, dann geht das innerhalb von 3 Tagen "Expedited Deletion"
https://docs.microsoft.com/en-us/office365/securitycompliance/office-365-data-retention-deletion-and-destruction-overview#expedited-deletion

Anders sieht es natürlich bei allen anderen "Cloud"-Angeboten an, die sie als Person einfach mal so nutzen können oder mit einem Produkt mitkommen. Viele Haushaltsgadgets (z.B. Netamo Thermometer, verschiedene Energiemesser, digitale Bilderrahmen) nutzen wie selbstverständlich Cloud-Dienste, die der Anbieter meist vorkonfiguriert und kostenfrei und ohne expliziten Vertrag mit integriert. Dieses Businessmodell funktioniert aber nur solange, solange Neuverkäufe für Einnahmen sorgen. Mit einem Abschwächen erkennen Anbieter aber sehr schnell, dass Sie diese Dienste für Bestandskunden nicht länger kostenfrei kostendeckend bereitstellen können. Wenn hier ein Anwender den Wechsel auf ein "Pay per Use"-Modell nicht schafft, z.B. weil er gar keinen Kommunikationskanal zum Verbraucher hat, wird irgendwann den noch verblieben Gewinn einstreichen und den Dienst beenden.

End of Cloud

Ich selbst habe schon mehrere Dienste persönlich "verloren", die ich gerne weiter genutzt hätte. Bislang haben sich die Dienste zumindest per Mal 1-3 Monate vorher angekündigt. Ich hoffe, dass zumindest die "Firmenangebote" hier eine deutlich längere Vorlaufzeit gewähren.

Die Praxis zeigt aber, dass selbst gekaufte Produkte mit einer Laufzeit von 1 Jahr nicht davon gefeit sind, die Cloud-Komponente einfach zu verlieren. Natürlich ohne ausreichend lange Vorlaufzeit oder Kostenerstattung.

Die folgende Aufzählung ist eine nicht repräsentative Liste von Cloud-Diensten aber auch Abonnements, die mir negativ aufgefallen sind. Es gibt sicher noch viele mehr

  • Mrz 2023: Gigaset: Deaktivierung Smart Home/Care Dienste
    Mit dem Insolvenzverfahren endet auch sehr kurzfristig der Cloud-Service.
    https://service.gigaset.com/de/support/solutions/articles/75000121636-deaktivierung-smart-home-care-dienste
    https://www.golem.de/news/insolvenz-gigasets-smart-home-system-wird-zu-elektroschrott-2403-183590.html
  • Okt 2018: Ende eines Türöffners mit Cloud-Anbindung
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Smarter-Tueroeffner-Nello-Ab-18-Oktober-ohne-Funktion-4545084.html
    Keine Sorge: Ich habe keinen Türöffner mit Cloud aber wer einen hat, hat nun Elektronikschrott an der Tür. Es sei denn ex gibt noch ein Update um den Türöffner mit lokalen Diensten zu verwenden.
  • Office 365 connector to Facebook to be retired
    Nun ist er Facebook Connector keine systemkritische Komponente aber dass zwischen der Ankündigung am 4. Sep 2019 und dem Endedatum am 4.9 nicht mal ein Tag liegt, ist schon ungewöhnlich.
  • Exchange Online Voicemail
    Am 8. Feb 2019 hat Microsoft auf "Retiring Unified Messaging in Exchange Online" (https://blogs.technet.microsoft.com/exchange/2019/02/08/retiring-unified-messaging-in-exchange-online/ ) kund getan, dass Exchange UM Online zum Feb 2020 abgeschaltet wird. Es gibt aber genug Alternativen. Siehe Cloud Voice Mail (CVM) mit SfB 2015
  • Excel Dokumentfreigabe / Arbeitsmappe freigeben
    Jahrelang haben meine Kollegen eine Excel-Datei zur Planung von Einsatzzeiten verwendet. Sie lag auf dem Dateiserver und konnte problemlos von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden. Irgendwann 2018 mit Office 365 war die Funktion weg und ein Microsoft Artikel beschreibt blumig, dass die Funktionalität doch viel besser mit OneDrive und SharePoint verfügbar ist. Das mag stimmen aber wenn ich bestimmt Dateien nicht in der Cloud ablegen will, dann sollte das Produkt das nicht erzwingen. Aktuell kann ich die Funktion noch freischalten aber für den normalen Anwender ist das meist unerreicht.
    Was ist mit den freigegebenen Arbeitsmappen passiert? ( https://support.office.com/de-de/article/was-ist-mit-den-freigegebenen-arbeitsmappen-passiert-150fc205-990a-4763-82f1-6c259303fe05)
    Informationen zum Feature "Freigegebene Arbeitsmappe" ( https://support.office.com/de-de/article/informationen-zum-feature-freigegebene-arbeitsmappe-49b833c0-873b-48d8-8bf2-c1c59a628534)
    Der Eintrag lautet aber nicht "Freigegebene Arbeitsmappe (Legacy)" sondern "Arbeitsmappe teilen (Legacy)

    Ich bin ziemlich sicher, dass aber auch diese Funktion als "Legacy" irgendwann entfallen wird.
  • LexWare LexOffice
    Etwas suspekt finde ich das Angebot einer "Cloud Buchhaltung". bei der die Daten nach Auslaufen des Vertrags umgehen gelöscht werden. Wie soll eine Firma da die Aufbewahrungspflichten über 10 Jahre sicherstellen, wenn es zumindest "sichtbar" kein vom Finanzamt akzeptiertes Exportformat gibt. Auf der Seite https://shop.lexware.de/lexoffice muss man unten unter FAQs extra noch mal "alle Einträge" anklicken, um die entsprechende Passage zu bekommen:

    Ich hätte hier eine Angebot erwartet, gegen einen bekannten Preis zumindest die 10 Jahre z.B. nur lesend zugreifen zu können. Aber Firmeninhaber sind ja meist "Vollkaufleute" und sollten die Tragweite ihrer Entscheidungen kennen.
  • Amazon Music
    Der Musikdienst, den sie als Kunden "kaufen" können um neben Musik über Amazon auch eigene Musik in ihrem Bereich zu speichern und dann per Amazon Echo Lautsprecher diese zu hören, wird ab 2019 eingestellt. Schon Ende 2017 war aber der Upload blockiert.
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Amazon-Music-Cloud-Dienst-wird-2019-abgeschaltet-Upload-Funktion-fuer-eigene-MP3s-bereits-gestrichen-3928395.html
  • Lexware "Unternehmenstresor"
    Kunden der Lexware Produkte konnten z.B.: eine Kopie ihrer Buchungsdaten und andere "Firmeninformationen" auf einem Cloudspeicher ablegen. Am 3.März 2016 kam dann eine Mail, das dies ab Juli 2016 (also gerade mal mit 3 Monaten Vorlauf) abgeschaltet wird.

    Zuerst heißt es aber nur, dass die "Weiterentwicklung und Pflege" eingestellt wird. Dann, dass am 1. Juli 2016 der Dienst nicht mehr zur Verfügung steht. Erst weiter unten wird dann explizit davon geschrieben, dass am 1. Juli 2016 die Daten gelöscht werden. Dafür, dass diese Funktion Bestandteil in einem gekauften Produkten enthalten war, ist die Geschwindigkeit erstaunlich. Schließlich nimmt Lexware dem Käufer eine zugesicherte Funktion weg. Ich hätte es verstanden, wenn die Funktion zum Jahreswechsel mit nächsten Version eingestellt wird, aber nicht mitten im Jahr. Ich vermute aber nicht, dass Lexware den Kunden einen Teil der Kosten erstattet oder im kommenden Jahr das Update verbilligt. Nur gut, dass ich diese 100 MB "Cloudspeicher" nie wirklich genutzt habe.
  • Barracuda Backup in der Cloud - Copy.com und CudaDrive
    "A message from Rod Mathews, VP & GM, Storage Business, regarding the Copy/CudaDrive EOL " https://blog.barracuda.com/2016/02/01/message-from-gm-of-storage/
    In einem Bog-Post Anfang Februar 2016 gibt Barracuda das Ende zum 1.Mai bekannt. Angeblich habe man Millionen von Nutzern und die haben nun gerade mal 3 Monate Zeit ihre Daten woanders hin umzuziehen. Man möge doch mittels dem Cloud-Dienst "mover.io" die Daten z.B. auf OneDrive umziehen, wie eine Beschreibung auf https://techlib.barracuda.com/COPY/MoveData in Bildern zeigt. Ich nutze den Dienst nicht aber für mich ist das wieder ein Zeichen, dass Sie immer einen Plan-B in der Hinterhand haben sollten.
    Für den Fall, dass Barracuda auch noch das Blog und den KB-Artikel entfernt verlinke ich hier noch mal den passenden Heise-Artikel.
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Barracuda-gibt-Cloud-Dienste-Copy-com-und-CudaDrive-auf-3089982.html
  • Telefonie für Office 365
    Firma seit Jan 2014 nicht mehr aktiv
    Siehe auch Hybrid Voice
    Vor einigen Monaten hat Jajah sich als "einzige Lösung" für Voice in Office 365 hingestellt. Ich weiß nicht, warum Microsoft dieses Experiment überhaupt mit einem relativ unbekannten Partner gewagt hat aber als ich heute (5. Jun. 2013) den Status geprüft habe, fand ich folgendes:

    3 Monate sind ganz schön wenig, um eine TK-Umgebung auf eine andere Plattform zu ziehen.
  • Google
    Auch der große Dienstanbieter ist sich nicht zu schade, bestimmte Funktionen plötzlich wieder abzuschalten. Laut "Winder Cleaning 2012" (Siehe http://googleblog.blogspot.de/2012/12/winter-cleaning.html#!/2012/12/winter-cleaning.html) wurde mal eben verkündet, dass gerade mal 45Tage später sie keine ActiveSync (Google Sync) Partnerschaften mehr einrichten können. Nur Business-Verträge funktionieren weiter. für private Nutzung scheitert danach eine Neueinrichtung. Nebenbei erwischt es aber auch noch SyncML ud die Nokia S60 Synchronisation.
  • ePost
    Nein nein, ich meine nicht die "neue" EPost der heutigen Post, sondern das gleichnamige Angebot der Bundespost im Zeitraum 2000-2004 (?), welches als "lebenslange" E-Mailadresse beworben wurde
  • Framechannel
    Da kauft man sich einen netten Bilderrahmen (Siehe ls1000w) der unter anderem Bilder einfach unter framechannel.com auslesen kann um knapp 2 Jahre später zu erfahren, dass dieser Dienst nicht mehr angeboten wird. Sollte die Online-Funktion dieser Box so schnell obsolet geworden sein ?

Bilderrahmen, die keine Konfiguration der URL zulassen sind zukünftig nicht mehr auf meiner Liste J

Migration

Die Wege einer Überführung der Daten in solchen Fällen sind wohl sehr individuell. Bei Privatkundenangeboten wird man vielleicht noch die Change habe, seine Daten zu exportieren. Wobei auch hier die Zeitfenster oft erschreckend kurz sind. Zwischen der Meldung von Framechannel und der Abschaltung des Dienstes lagen gerade mal 2 Monate. Und wenn ein kleinerer Wettbewerber quasi aus dem Markt geht, dann werden die großen Anbieter eher keine MigrationsUnterstützung leisten. Ein Move zum Wettbewerber lohnt sich für einen Anbieter immer nur wenn genug Masse bei der Quell da ist. Selbst Microsoft hat mit Exchange 2007 die Migration von GroupWise und mit Exchange 2010 sogar die Notes Transporter Suite abgeschafft.

Cloud für ...

Aber ich möchte die Cloud nicht generell schlecht reden. Sie hat ihre Daseinsberechtigung und ich denke es gibt sogar ein perfektes Beispiel, wo eine Cloud-Lösung für alle Beteiligten interessant sein kann. Ich befürchte nur, dass diese Lösung noch viel zu lange benötigen wird bzw. von verschiedenen Lobby-Organisationen verzögert oder torpediert wird.

Deutschland ist ja ein Lande der "Mittelständler" und "Kleinfirmen", die alle regelmäßig ihrer Buchführungspflicht nachgehen und Steuererklärungen abgeben müssen. Aber auch jeder Arbeitnehmer, der etwas "Nebenbei" macht oder absetzbare Ausgaben hat, muss zumindest einmal im Jahr seine Lohnsteuererklärung bzw. Einkommensteuererklärung abgeben. Dazu kommen jede Menge Selbständige wie ich, die eine recht überschaubare Buchführung machen aber auch hier jeden Monat ihre umsatzsteuervoranmeldung erstellen. Wer das nicht mit Papier und Bleistift und der Formulareingabe mit Elster macht, wird auch hier eine Software einsetzen, die regelmäßig zu aktualisieren ist.

Das unser Finanzamt und Steuerbehörden eh sehr tiefe Einblicke in alle Buchungsvorgänge nehmen dürfen könnte man das Notwendige doch gleich mit dem Nützlichen verbinden und das Finanzamt als "Hoster" für die Buchhaltung auftreten lassen. Als Steuerzahler stelle ich mir das so vor, dass ich mich auf einem Portal per Browser anmelde und einfach meine Belege erfasse, wann diese eintreffen. In der ersten Stufe könnte das also für die Einkommensteuer/Lohnsteuer passieren. Mehr oder minder auf den Tag genau könnte jeder seine Belege erfassen. Das Formular müsste dann einfach eine Auswahl zur Klassifizierung vorgeben. Ich müsste am Ende des Jahres also gar keine Steuererklärung mehr abgeben, weil das Finanzamt alle Daten schon hat und aktuell berücksichtigen kann. Es könnte sogar anhand der Daten gegenprüfen, dass die Belege korrekt zugeordnet sind.

In der zweiten Stufe könnte diese Funktion sogar die Buchhaltung für Selbständige und kleine Betriebe übernehmen. Ich erwarte nicht, dass das Portal gleich Komponenten wie Warenwirtschaft, Lagerverwaltung, Angebotswesen etc. beinhaltet. Das bleibt sicher noch ganz lange "lokal" aber wenn ich alle "Eingangsrechnungen" direkt an das Finanzamt einstelle (Sei es per Browser für wenige Belege oder meine Buchhaltungssoftware bei größeren Volumen), dann müsste ich gar keine umsatzsteuervoranmeldung mehr abgeben, da auch hier das Finanzamt schon alles weiß. Und es könnte sogar direkt Ausgangsrechnungen des Lieferanten mit der Eingangsrechnung beim Abnehmer abgleichen. für meine 0-50 Belege/Monat wäre das ein elegantes Angebot.

Wenn wir schon dabei sind, sollte auch das Thema Reisekosten hier gleich mit erschlagen werden. Auch hier will das Finanzamt ja sowie so sehr viel wissen wie die genauen Hotelkosten (bitte getrennt nach Übernachtung, Frühstück etc.) und auch beim Fahrtenbuch gibt es immer wieder Verstimmungen. Würde ich meine "Bewegungen" einfach in einem Portal eingeben, dann wäre eine "Veränderbarkeit" nicht mehr gegeben. Und vielleicht könnte es ja sogar eine entsprechend App für Mobilgeräte geben.

Ob ein Steuersystem dadurch aber gerechter würde sei mal dahin gestellt. Solange es "GestaltungsMöglichkeiten" und "Verhandlungsspielraum" gibt, werden die, bei denen sich "Finanzoptimierer" bezahlt machen, letztlich günstiger weg kommen, als der Durchschnittsbürger. für ein gerechtes Steuersystem ist dies in guter Indikator. Aber ich schweife ab und warte neugierig, ob die Cloud auch unsere Finanzverwaltung erfassen wird. Hoffentlich werden wir Steuerbürger als Anwender auch gefragt. Und vielleicht ist diese Anwendung ja die erste richtige Anwendung für den neuen Personalausweis als Identifizierungsinstanz.

Die Cloud ist nicht allein

Es sind nicht immer nur "Software-Dienste", die mangels Nutzer oder kommerziellem Erfolg eingestellt werden. Hardware kann auch einfach "per Gesetz" unbrauchbar oder sogar illegal gemacht werden. Auch hier hat der  Verbraucher als "Käufer" das Problem, dass sein gekauftes Eigentum zunichte gemacht wird. So passiert mit ganz frühen Funktelefonen (Ehe DECT sich durchgesetzt hat. Aber auch in näherer Vergangenheit frisst z.B. die Mobilfunkkommunikation bislang anderweitig genutzte Frequenzbereiche einfach auf.

Und natürlich erwartet heute niemand mehr, dass ein altes C-Netz-Telefon noch Empfang bekommt. Letztlich gibt es für alles eine Lebensdauer und keine Existenzgarantie über viele Jahre. Bei Cloud-Angeboten ist es nur offensichtlich, dass Firmen und Produkte sehr kurzfristig einen Dienst einstellen können. Das wird sicher die größere Herausforderung an kommerzielle Anbieter: Die Sicherstellung einer Restlaufzeit ab dem Moment des Kaufvorgangs.

On-Prem Software mit "Taktung"

Auch Firmen, die eigentlich eine On-Premises-Software entwickeln und verkaufen orientieren sich um und versuchen ihren Kunden erst langsam ein Mietmodell unterzuschieben und letztlich nur noch Mietmodelle anzubieten. Die Zeit., dass man als Kunde ein "Update" vergünstigt kaufen konnte, scheinen hier auch auszulaufen. Solch eine Vertriebsstrategie ist für Produkte wir eine Steuererklärung vielleicht noch verständlich und bei einer Buchhaltung betrifft dies wohl auch auf die Anbindung an OnlineBanking und Elter Formulare zu. Insofern muss man wohl damit leben, dass "Kauf-"Software nach einiger Zeit vom Hersteller nicht mehr weiter entwickelt wird. Aber dass die Funktion dann sogar beschnitten wird, steht vermutlich in den Tiefen des "Kleingedruckten."

Die letzte Mail dieser Firma warten vor eventuell "fehlerhaften Ergebnissen" und dass eine Datenübernahme später nicht mehr kostenfrei wäre. Mittlerweile steht auch hier der erste Hinweis:

Im Leistungsumfang der Software ist eine automatische Aktualisierung für 365 Tage enthalten. Das heißt: Innerhalb der 365 Tage erhalten Sie von Lexware alle Updates automatisch im Programm oder per Post. Dabei entstehen Ihnen keine Zusatzkosten. Nach 365 Tagen endet die Aktualisierung automatisch. Anschließend ist eine kostenpflichtige Verlängerung der Aktualitätsgarantie durch erneuten Kauf Ihrer Software nötig.

Erst auf einer weiteren Seite versteckt steht dann.

Innerhalb der 365-tägigen Nutzungsdauer haben Sie Zugriff auf den vollen Leistungsumfang der Software und erhalten alle Updates kostenlos. Nach Ablauf der Nutzungsdauer muss diese kostenpflichtig verlängert werden. Ansonsten können Sie nur noch auf Ihre Daten zugreifen, das Programm aber nicht mehr nutzen.
Quelle: Hinweis zur 365 Tage Nutzung auf Amazon

Hier steht dann ein "muss" und dass im schlimmsten Fall der Zugriff nur noch "ReadOnly möglich ist. Wer weiß, ob man eine gekaufte "alte Version" im Desasterfall überhaupt noch mal installieren kann um die Daten dem Finanzamt zu zeigen? Selbst die "Hilfe" im Programm ist mittlerweile (Stand 9 Juni 2017) abgeschaltet worden.

Insofern ist eine Verbindung von Software (On-Prem) und Hilfe (als Webseite im Internet) auch wieder kritisch zu sehen, wenn der Hersteller nicht eine Mindestgarantie für die Bereitstellung gibt. Das ist kritisch zu sehen, da es für Buchhaltungsprogramme durchaus Haltefristen gibt, die sicher länger als 1 Jahr sind. Die Domain ist zwar noch registriert aber es gibt einfach keinen A-Record mehr.

Einschränkungen bei Apps

Übrigens: Auch Apps sind von diesem digitalen Vergessen betroffen. Die Fernsteuerung meines Sony-Fernsehers hat durch ein Updates alle früher beworbenen "smarten" Zusatzfunktionen verloren.

Da bleibt dann quasi nichts mehr übrig. Ob ich den Fernseher nun mit einem Mangel nach drei Jahren wieder zurückgeben kann?

Cloud Konten

Es gibt aber noch ein ganz anderes Risiko, welches ich mir bis zum Schluss aufgehoben habe. Jeder Cloud-Dienst erwartet eine Anmeldung durch den Anwender. Durch die Nutzung eines Smartphones, Windows oder verschiedener andere "wichtiger" Cloud-Dienste haben die meisten Anwender natürlich auch Konten bei den Anbietern wie:

  • Microsoft Konto
    Für die Anmeldung am Windows PC aber auch XBOX, Microsoft Store und am "kostenfreien" OneDrive (5 GB)
  • Google Konto
    Jeder Anwender mit Android-Smartphone oder Tablet hat ein Google-Konto. Ansonsten ist das Telefon nur sehr rudimentär nutzbar
  • Apple ID
    Auch die Nutzung von Apple Geräten ist an eine Apple-ID gebunden, um Software zu kaufen, das Gerät zu finden u.a.
  • Facebook, Twitter, Adobe u.a. Konten

Die ersten drei Konten haben aber die Besonderheit, dass Sie auch für die Nutzung von entsprechenden Geräten (Android oder Apple-Smartphone, XBox oder Windows PC) und hier sogar mit verschiedenen Zusatzlizenzen verknüpft sind, z.B. gekaufte Spiele, Filme, Apps, Musik etc. Viele Webseiten bieten sogar noch an, sich mit diesen Konto anzumelden. Hier z.B. https://www.collabsummit.eu/ mit einer ganzen Menge von "Federation Logins":

Zumindest gibt es hier noch die Option, sich auch per Mail-Adresse und damit unabhängigen Konto anzumelden. Zumindest wenn ihr Postfach nicht bei GMail, Outlook.com oder Apple liegt.

Das Risiko ist hier, dass Sie keine Garantie für die Nutzung ihres Kontos haben. Die Konten selbst werden von den Betreibern ja generös "kostenfrei" angeboten bzw. deren Nutzung erzwungen. SIe haben aber kein Anrecht darauf, dass das Konto bestehen bleibt. Viel eher gibt es "Nutzungsbedingungen", denen Sie natürlich zugestimmt haben.

Was passiert aber wenn der Betreiber ihr Konto "sperrt", weil Sie aus dessen Sicht die Nutzungsbedingungen verletzt haben oder der Heimatstaat ihr Land auf eine Sanktionsliste setzt (z.B. Adobe und Venezuela) oder in ihrem privaten OneDrive z.B. irrtümlich ein Babybild in der Badewanne als Pornografie erkannt wird?

Wenn das Konto in dem Fall geblockt wird, dann ist nicht nur der Zugriff auf dieses eine Bild blockiert, sondern sie kommen erst einmal an keine Datei in ihrem OneDrive mehr heran. Sie können sich dann natürlich an Microsoft wenden. Das geht über ein Formular.

Allerdings ist das nicht so einfach, da sie damit keinen direkten Kontakt haben sondern quasi nur eine "Bitte" einstellen und dann von einem "Agenten" per Mail kontaktiert werden.

We know that having your account locked can be frustrating, and we apologize for the inconvenience, but...

... use the online form at the link below to tell us about your locked account and how to contact you. ...

When we receive your info, the system will send you an email with a ticket tracking number. A Microsoft customer service representative will then contact you via email to provide a status update, request more info, or give you instructions on how to get back into your account. You’ll get further emails with updates until your account is restored.
Quelle: https://support.microsoft.com/en-us/account-billing/if-your-account-has-been-locked-aabee7ef-d644-4ce1-3043-2d43b2522ba2 

Interessant wird dies, wenn Sie bei dem Anbieter (z.B. outlook.com oder gmail.com) auch ihr einziges Postfach haben, über den z.B. bei 2FA-Anmeldungen ein Einmal-Ticket zugestellt wird.

Man hört und liest immer wieder, dass dies passiert aber nach dem medialen (lokalen) Aufschrei verlaufen die Meldungen schnell im Sand.

Anscheinend gibt es hier eine nicht geringe Regelungslücke, die durch die "Verknüpfung" der verschiedenen Anmeldedienst noch erschwert wird. Der durchschnittliche Anwender wird sich in der Regel nicht die Mühe machen, für jeden Dienst ein eigenes Konto mit separatem Kennwort anzulegen. Und auch für die Dienstanbieter macht es vieles einfacher, wenn Sie keine eigene Anmeldung und Kennwort-Verwaltung betreiben, sondern dies dem Identity-Provider überlassen.

Für Sie als Anwender ist das natürlich der GAU, wenn der dauerhafte Verlust eines Google, Microsoft, Apple-Kontos sie nicht nur von allen Diensten dieses Anbieters sondern auch aller verknüpfter Dienste und ggfls. sogar gekauften Produkten und Hardware aussperrt.

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