SBS Systemhäuser
Vermutlich werden genau die Systemhäuser und Geschäftsführer diese Seite nie lesen, die es angeht. Damit meine ich all die Dienstleister für kleine und mittlere Kunden wie z.B. Handwerker, Gewerbetreibende etc., die in der Vergangenheit mit einer Branchenlösung auf einem Windows Small Business Server gut versorgt waren aber immer noch nicht wissen, was Microsoft 365 ist.
Wir komme ich darauf?
Durch die MSXFAQ kommt immer mal die ein oder anderen Frage von Lesern, die noch keine passende Antwort auf der MSXFAQ oder sonst wo im Internet gefunden haben. Wenn ich dann etwas tiefer nachbohre, dann stelle ich oft mit erschrecken fest, dass es auch nach vielen Jahren "Microsoft Cloud" immer noch Firmen und Consultants gibt, die sich nicht mal ansatzweise mit Microsoft 365 oder der Cloud auseinandergesetzt haben, sondern immer noch auf ihrer "OnPremises-Welt mit Windows Servern, lokalen Exchange Server etc. gefangen sind. Teilweise mit Hyper-V als Workgroup um mehrere Server auf der heut sehr potenten Hardware zu konsolidieren und mit zwei Servern als "Hochverfügbarkeit" sogar zu replizieren. Das kann man machen, aber wenn die Firma nur wenige Mitarbeiter (z.B. unter 75) hat, dann frage ich mich schon nach der Kostenrechnung für den Betrieb so einer Umgebung.
Die ersten Cloud-Angebote von Microsoft gab es mit dem Namen BPOS = Business Productivity Online Suite um das Jahr 2007. Im Jahr 2024, als ich diese Seite geschrieben habe, gab es die Microsoft Cloud schon 17 Jahre. So schnell verfliegt die Zeit. Es waren aber einige Dinge, die ich im Jahr 2024 dazu gebracht haben, diese Seit als "Weckruf" zu formulieren. z.B.:
- Exchange 2019 "Reparatur"
Ich habe ein Systemhaus mehrere Stunden dabei unterstützt eine Exchange 2019 Installation bei einem Kunden zu "fixen", bei der es Problem bei der Verbindung mit Outlook und Exchange nach dem Umzug von Exchange 2016 gab. Wie genau umgezogen wurde, konnte ich gar nicht mehr in Erfahrung bringen aber es war eine Kombination mehrerer Probleme, angefangen bei InternalURL/ExternURL Einstellungen und am Ende sogar lokale Registry-Einstellungen zu Autodiscover. Der Kunde wollte eine Lösung des Problems, auch wenn die Anzahl der Postfächer gerade mal zweistellig war. Ich möchte wetten, dass dies früher mal ein Small Business Server gewesen ist, den ein Dienstleister dann über Exchange 2016 nach Exchange 2019 angehoben hat. Natürlich bekommt der Server jedes Jahr ein neues offizielle Zertifikat und steht per NAT im Internet. Da die Umgebung klein ist, gibt es auch nur einen DC. - SBS 2011 im Jahr 2024
Ich wollte es erst gar nicht glauben aber ich habe tatsächlich noch so einen Server, basierend auf Windows 2008R2 als DC mit Exchange und TMG "gefunden", der per POP3-Sauger die Mails von mehreren POP3-Postfächern beim Provider abgerufen und lokal zugestellt hat. Das war "damals" üblich aber ich musste schon tief in meinen Erinnerungen kramen, um hier zu helfen. Neben dem "Out of Support" und "noch Security Updates" kommt hier dazu dass der klassische 1st/2nd-Level Helpdesk gleich die weiße Fahne zeigt. Solche Systeme sind auch aus "menschlicher Sicht" nicht mehr zu betreiben und ich bin mir fast vorgekommen, wie die Suche nach einem Fortran-Entwickler damals zum Jahr 2000 Problem. - Windows Domain, Outlook 2010/2013 und POP3-Provider +
BigBlueButton + Slack
Der Dritte Fall war eigentlich eher "Lizenzberatung". Dass die Office-Versionen "zu alt" sind, ist unbestritten aber dem Dienstleister war es überhaupt nicht bekannt, dass der Kunde mit Microsoft 365 Standard oder Premium nicht nur die aktuellsten Versionen von Office nutzen kann, sondern auch ein 50 GB Postfach pro Benutzer hat und mit Teams deutlich günstiger unterwegs sein kann als mit den weiteren OnPremises-Systemen. Auch war was die Benutzeranzahl deutlich unter der 300er Obergrenze von Microsoft 365 Business. Der Endkunde hätte sogar einen Windows Essentials Server (max. 25 User) als lokale Plattform nutzen können. - DE-Cloud
Eine Anfrage betraf sogar eine Migration von <35 Benutzern aus der deutschen Microsoft-Cloud, die schon viele Jahre quasi abgekündigt ist. Da frage ich mich schon, welcher Dienstleister solche Kunden berät. - Dienstleister ohne Microsoft Tenant
Die Krönung sind dann Anfragen von Firmen, die nicht einmal selbst einen Microsoft 365-Tenant haben. Sobald ich die DNS-Domain habe, kann ich prüfen, ob es dazu schon einen Tenant gibt. Früher konnten kleine IT-Firmen und selbstständige sich kostenfrei als "Microsoft Partner" registrieren und für 395€/Jahr das "Microsoft Action Pack" kaufen. Sie hatten damit neben 1x Windows Server, Exchange, SQL, SharePoint auch 10x Windows Client + CAL + Office. Günstiger konnten sich kleine IT-Firmen nicht sauber lizenzieren und selbst ich habe das Angebot genutzt, damit mir niemand nachsagen kann, ich wäre nicht ausreichend lizenziert. Das Action Pack gibt es immer noch aber nun sind es Microsoft 365 Lizenzen und ein Tenant und 5x Microsoft 365 E3. Eine Domain ohne Tenant ist ein klares Zeichen, dass hier jemand vielleicht etwas verpasst hat. - Firmen, die
POP3 Sammler nutzen
Als Reaktion auf diese Seite haben sich Personen gemeldet, die Sammelpostfächer beim Provider per POP3 oder ETRN über 3rd Party Produkte abrufen, an einen lokalen Mailserver zustellen und dann verzweifelt beim früheren Hersteller und Support fragen. Wenn Sie sich keine statische IP-Adresse mit Spamfilter leisten können, dann sind sie definitiv ein Kandidat für Microsoft 365/Exchange Online.
Entweder gehören Sie nun zu den Lesern, die bei allen drei Fällen ebenfalls die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und ungläubig die Sprache verschlagen hat oder sie gehören zu den Lesern, die immer noch nicht verstanden haben, so die Probleme liegen. Für die zweite Gruppe lohnt es sich, hier weiter zu lesen. Die anderen können sich auf anderen Seiten der MSXFAQ tummeln.
Klare Ansage!
In dem Fall ist mal eine klare Ansage erforderlich. Die Zeiten des "Microsoft Small Business Server "sind endgültig vorbei. Das bedeutet aber nicht, dass Windows für kleine Firmen nicht mehr interessant ist. Der klassische "kleine" Betrieb, z.B. Handwerker, hat weiterhin Windows Desktops, die effektiv und sicher betrieben werden sollten. Das kann eine kleine Domain mit Gruppenrichtlinien oder ohne Domain eine Intune-Verwaltung sein Das Geld verdienen solche Firmen nicht primär mit Outlook und Teams, sondern nutzen eine passenden Branchenlösung für Buchhaltung, Lager und Konstruktion. Zwar bieten einige Firmen wie Adobe, Lexware ihre Lösungen mittlerweile auch aus der Cloud an, aber viele Handwerke sind skeptisch und die Cloud-Produkte noch nicht gleichwertig. Ich kenne es aber z.B. aus der Landwirtschaft, dass die diversen Fachanwendungen, z.B. Flächennachweise, Flächenverwaltung etc., schon komplett im Browser und dem Mobilgerät laufen. Auch das Finanzamt ist mit Elster schon lange in den Browser gewechselt. Dennoch gib es immer noch die Basisdienste wie "Datei/Druckdienste, Mail, Telefonie", für die Lösungen weiter entwickelt werden müssen. Ich sehe ich eigentlich nur drei Konstellationen:
- Microsoft 365 Only
Wer heute schon ohne lokale AD-Domain auskommen kann, weil alle Dienste aus der Cloud kommen oder rein lokal installiert werden, kann mit Microsoft 365 ohne lokale Server auskommen. Jeder Anwender bekommt ein Cloud Only-Konto mit Postfach und OneDrive, Die Computer sind EntraID-Joined und ggfls. per Intune verwaltet. Sie müssen dann wirklich nur noch schauen, wo sie ihre Buchhaltung, Lagerverwaltung o.ä. machen. Gerade Startups und Firmen mit wenige "Werkstatt, z.B. Programmierer, Marketing, Journalisten, Webdesigner, etc., können so arbeiten. - Windows Essentials mit Microsoft 365
Sie können immer noch einen lokalen vollwertigen Windows Server als Domain Controller installieren und die Vorteile einer Domain nutzen. Wenn Sie weniger als 25 Benutzer und unter 50 Geräte haben, dann ist Windows Server Essentials 2019/2022 eine Option, z.B. einen lokalen DC und Dateiserver für Branchenlösungen bereitzuhalten, der sich dann natürlich mit einem Microsoft 365 verbinden lässt. Höherwertige Dienste wie Mails (Exchange), Dateiablage (SharePoint/OneDrive) oder auch Konferenzen, Fernwartung etc. (Microsoft Teams) sind ebenso nutzbar wie Planner, Booking und all die anderen Dienste von Microsoft 365, die gerade für kleine Firmen sehr interessant sein dürften. Und all das ohne den lokalen Server über statische IP oder DynDNS und ohne Firewall aber mit jährlich zu tauschendem Zertifikat zu veröffentlichen. Ich denke Sie sollten die Änderung aber auch den Vorteil sehen. - Andere lokale Lösungen
Es muss ja nicht Windows sein. Kleine Firmen haben anderen Anforderungen und vielleicht ist ein größeren NAS-System (QNAP, Synology) eine Lösung. die über entsprechende Module neben dem Dateiservice auch Mailserver, Datenbankserver und sogar Domain Controller etc. sein können. Auf Basis von Linux-Server können Sie sich auch mit PC-Hardware einen eigenen Server konfigurieren. Ob Sie dabei die Einzelkomponenten wie Samba (mit AD-Simulation), OpenLDAP, PostFix, DoveCoat, NextCloud/OwnCloud selbst konfigurieren oder zu fertige Lösungen wie Univention, UNIKI o.ä. greifen, bleibt ihnen überlassen.
Ohne Cloud müssen Sie natürlich weiterhin noch viele Dinge selbst machen, z.B. Zertifikate, DNS-Einträge, Absicherung etc. und eine Windows-basierte FIBU wird nicht nativ installierbar sondern eher als Docker oder VM zu betreiben sein. Ob diese Komplexität für diese Kunden noch bezahlbar ist?.
Bei allen Lösungsansätzen müssen Sie als Dienstleister aber neu lernen oder dazulernen. Dabei ist es egal, ob sie nun ihre Kunden in Richtung Microsoft oder auch zu einer anderen Plattform unterstützen.
Wenn Sie andere Vorstellungen haben, dann ist dies durchaus legitim. Ich bin kein Unternehmensberater, der ihnen ihr Geschäftsmodell vorschreiben will. Aber ich möchte Sie zum Nachdenken anregen.
Mein Tätigkeitsbereich sind eher Mittelstand und Enterprise, d.h. 100 PC-Arbeitsplätze und mehr, so dass ich kaum in einen echten Wettbewerb mit Firmen trete, die die Vielzahl an kleinen Firmen mit IT ausstatten und betreuen. Ich möchte ihnen aber ganz deutlich machen, dass Microsoft 365 nicht nur für große Firmen relevant ist, sondern nach meiner Einschätzung auch gerade den kleinen Firmen nicht nur Vorteile bringt, sondern auch die IT-Dienstleister sich endlich auf den Hosenboden setzen und sich mit Microsoft 365 auseinandersetzen müssen.
Eat your own Dogfood
Der erste Schritt ist, dass Sie ihre eigene Umgebung entsprechend angehen. Sicher gibt es kleine Dienstleister und Selbständige, die z.B.: als "Microsoft Partner" sich das kleine Microsoft Action Pack gekauft und daraus den Windows Server, Exchange Server und die 10x Windows 11 und Microsoft Office genutzt haben. In dem Paket ist aber auch schon viele Jahre erst ein Office 365 und mittlerweile ein Microsoft 365 Paket dabei. Im 2025 werden die "OnPremises-Lizenzen" aber wohl komplett entfallen, so dass Sie dann als Partner sowieso das komplette Programm aus der Cloud nutzen sollten, d.h. der gekaufte PC bekommt ein Windows 11 Pro vom Hersteller, welches mit dem Windows aus Microsoft 365 zur Enterprise-Version aufgemotzt wird und Exchange, Teams, OneDrive, SharePoint sind für die komplette Zusammenarbeit gesetzt. Vielleicht darf es noch etwas Dynamics ein ein paar Euro für Azure Subscription sein. Wenn Sie lokal noch einen Server benötigen, dann heißt es wohl zukaufen. Der kleine "Windows Essentials Server" könnte für bis zu 25 Personen und 50 Geräte eine Lösung sein.
Wenn Sie so ihr Wissen in der eigenen Umgebung aufgebaut haben, dann können Sie ihren Kunden einen Migrationspfad aufzeigen. Nebenbei ersparen Sie mir die Unterstützung von Firmen, deren lokaler Exchange Server mit <20 Personen nicht mehr funktioniert und man ohne Backup, langsame Systeme und veraltete Versionen mit viel Wissenseinsatz versucht, den Datenverlust zu minimieren und ein Systeme wieder betriebsbereit zu bekommen. Das ist nicht immer in wenigen Stunden möglich und spätestens dann stehen die Kosten auf dem Prüfstein. Denn natürlich werde ich gefragt, woran es gelegen hat und warum es so knifflig war und wie man es zukünftig besser machen kann. Soll ich dann lügen?
Weitere Links
- Microsoft 365 Marketing
- Office 365 - Verkaufen
- Office 365 FastTrack
- Nextcloud vs. Office 365
- Wer nutzt Office 365 und wie?
- Action Pack
https://partner.microsoft.com/de-de/partnership/action-pack-benefits - Three-year MALT project comes to a close
https://home.cern/news/news/computing/three-year-malt-project-comes-close
https://malt-internal.web.cern.ch/
The MALT project was started to explore new ways of working and to reduce as much as possible current dependencies on commercial applications.
https://malt-internal.web.cern.ch/alternatives/
https://malt-internal.web.cern.ch/skype-for-business-alternatives/ - Univention Corporate Server
https://de.wikipedia.org/wiki/Univention_Corporate_Server - UNIKI: Windows Small Business Server, mach’s gut! Und jetzt?
https://uniki.de/blog/windows-small-business-server-machs-gut-und-jetzt/ - Windows Small Business Server, mach’s gut! Und jetzt?
https://uniki.de/blog/windows-small-business-server-machs-gut-und-jetzt/ - CERN Wechsel von proprietär auf Open Source
https://home.cern/news/news/computing/migrating-open-source-technologies