Web-Werbung auf welt.de

Heute (11. Mai 2020) habe ich mich mal wieder geärgert. Diesmal hat eine renommierte Tageszeitung mir bei der Recherche nach einem Artikel meinen Unmut auf sich gezogen. Den Sachverhalt habe ich hier dokumentiert.

Ursache und Wirkung

Wir sollten alle immer wissen, wie die Monetarisierung des Internet funktioniert. Es gibt nur ganz wenige kostenfreie Informationen und auch dann sollte man immer überlegen, wie sich das Angebot für den Anbieter rechnet.

  • Kostenfrei, wie die MSXFAQ
    Ich habe einfach Spaß dabei und hoffe, dass der ein oder andere Leser irgendwann mal in der Position ist, einen Auftrag zu platzieren. Daher gibt es die "Werbung" für die Firma Net at Work (links) und oben ein wechselndes Banner für Aktionen von Net at Work. Damit gehe ich offen um.
    Andere kostenfreie Angebot werden ebenfalls durch Privatpersonen getragen, so wie andere vielleicht ein Ehrenamt ausüben.
  • Eigenwerbung
    Dann gibt es die ganzen "Firmenpräsenzen" wie eben www.microsoft.com, www.netatwork.de, u.a., die als Marketing verbucht werden. Auch hier zahlen Sie als Besucher nichts. Je nach Seite hinterlassen Sie aber schon etwas mehr Daten, da die Betreiber ja schon mehr über die Besucher wissen wollen. Oft passiert das zusammen mit E-Mails und personalisierten Links. Das muss man wissen aber bei seriösen Firmen ist es kein Problem sich abzumelden.
  • Kommerziell mit Anmeldung
    Auf der anderen Seite gibt es Angebote, die sich nur an einer Anmeldung und einem Abonnement vollständig nutzbar sind. Als Besucher brachen Sie ein Konto und bezahlen für den Inhalt, z.B. Streamingdienste. Der Inhalt muss aber einen Mehrwert haben, denn viele Besucher suchen dann weiter und hoffen, die Information anderswo kostenfrei zu bekommen und damit mit ihrer Zeit (und Werbung betrachten) zu bezahlen
  • Aggressive Werbung
    Diese Seite beschäftigt sich aber mit den Webseiten, bei denen Sie nichts direkt bezahlen, die aber ihre redaktionelle Arbeit natürlich auch finanziert bekommen müssen. Sie können bei einigen Seiten sogar Abonnement sein und dennoch sehen sie dann weniger offensive Werbung. Hier kommt es immer drauf an, dass der Anbieter gut abwägt, wie er Werbung einsetzt. Zuviel Werbung verscheucht die Besucher aber zu wenig Werbung bringt nicht genug Geld ein.

Gerade bei der aktiven Werbung hat sich mittlerweile ein ganzes System von Anbieter, Werbenetzwerke, Werbemaklern und Keyword-Versteigerungen aufgebaut. Genauso gibt es natürlich die Abwehrstrategien durch Werbeblocker auf dem Client. Privatsphäre und Anonymität sind sind ein Grundrecht und das sollten gerade Tageszeitungen wissen.

Welt.de und RaspberryPi

Auf der Suche nach weiterführenden Links für meine Seite RaspberryPI als Client bin ich auch auf einer Seite der Tageszeitung "Welt" gelandet. Soweit war das in Ordnung und auch mit Werbung auf der Seite kann ich problemlos leben. Solange sich das alles im Maßen hält, schalte ich sogar meinen Werbeblocker bei Bedarf aus. Allerdings gib es auch Werbung, die mich stört. Auch wenn die früheren Pop-Ups und Pop-Under mittlerweile fast verschwunden sind, gibt es dank DOM und JavaScript ganz neue Möglichkeiten Werbung einzublenden. Es gibt aber auch Dinge, die mich inhaltlich stören wie z.B. Werbung mit leicht bekleideten Damen, extrem aufdringliche wiederholte Werbung (2019 waren es die Wunder-WLAN-Verstärker, Anfang 2020 dann die Nackenheilmittel etc.). Gefährlich finde ich auch Werbung für Produkte, die nahe dem Glückspiel sind oder wenig aufgeklärte Menschen in eine Falle locken. Genau sowas habe ich bei einer Werbung auf einem Artikel der Welt an prominenter Stelle gesehen:

Ich falle sicher nicht auf eine Werbung herein, in der ein angeblicher Banker im Privatjet mit zwei lachenden Bodyguards im Hintergrund und einer jungen Frau mir 1478€/Tag versprechen. Selbst ohne BWL-Studium sollte man nicht an eine magische Geldvermehrung glauben. Wenn man kein Staat ist, dann muss man sich Geld immer noch verdienen und es von jemand anderen bekommen. Das geht nicht ohne irgendeine Gegenleistung. Selbst mit Aktien sind Gewinne eines Teilnehmers die Verluste des anderen. Also habe ich mir die Seite mal genauer angeschaut.

Der Autor der Webseite hat schon ziemlich pfiffig die Webeseite so gebaut, dass die Werbung gar nicht so sichtbar ist. Mal abgesehen von dem Text "c-inline-element c-inline-element--has-commercials aobj0" scheint es einfach ein Bild zu sein mit einer ID und eine CLASS aber keinen HREF-Hyperlink.

Klick man aber auf das Bild, dann zeigt Fiddler sehr gut den Abruf eines Bildes. Allerdings müssen Sie schon genau hinschauen um die kleine Änderung in der URL zu sehen. Oben steht noch ein "1341465439" während die URL an der Stelle ein "1964928195" in der URL hat.

Auch wenn das aussieht wie der Abruf einer JPG-Datei, so ist nirgends festgelegt, dass JPG auch ein Bild ist. Der WebServer kann natürlich einen anderen Content-Type ausliefern und hier ist eine eine HTML-Datei. Ein Proxy, Firewall oder Adblocker, der nur auf die Dateiendung geht, kann das übersehen. Die HTML-Datei selbst enthält auch wieder JavaScript und so geht es munter weiter über mehrere URLs hinweg.

Anscheinend holt das JavaScript noch mal eine Weite der Welt, die wir ein Bild aussieht um dann über weitere Links letztlich zum eigentlichen Werbeanbieter zu kommen.

Das ist natürlich wieder die übliche "Bauernfängerei", mit denen leichtgläubige Personen geködert werden sollen um ihr Geld in eine Trading-Plattform zu investieren. Vielleicht will der Anbieter auch einfach nur Namen und Mailadressen einsammeln, denn zur Teilnahme muss man sich natürlich anmelden. Oder es sind freie Schulungen, Beratungen, Coaching, die er verkauft. Auf jeden Fall scheint er seinem eigenen Erfolgt nicht zu trauen, denn sonst könnte er ja die 1478€ einfach selbst verdienen. Mit 325.160€ (220 Jahresarbeitstage) könnte er sicher ganz gut leben und müsste keine Werbung mehr schalten.

Vielleicht sind solche Angebote ja auch gar nicht strafbar aber ich bezweifle, dass die Welt eine solche Werbung in ihrer Druckausgabe einbinden würde. Warum werden dann die gleichen Standards nicht auch auf die Online-Version angewendet? Die Webseite hat am Ende tatsächlich auch ein Impressum, welches dann auf die eigentliche Anbieterseite verlinkt.

Das Thema habe ich später noch mal behandelt.

Beigeschmack

Es ist schon interessant, wie Werbebanner selbst in seriös geltenden Webseiten funktionieren. In dem Fall war es keine aggressive Werbung aber ich bezweifle, dass eine namhafte Tageszeitung mit solchen Inhalten in Verbindung gebracht wird. Insofern verwundert es mich, dass die Werbenetzwerke hier nicht bessere Arbeit abliefern. So einen Inhalt hätte ich eher auf einer seichteren Seite erwartet, denn der übliche Welt-Leser sollte auf diese Inhalt doch gar nicht erst anspringen. Oder vielleicht ist auch mein Bild des klassischen Zeitungsleser falsch? Ich habe mir daher mal erlaubt, diese Werbung an die Welt-Reaktion zu twittern.

"Hallo @welt. Schon einmal daran gedacht, dass zweifelhafte Werbung auch den eigenen Ruf ruinieren kann? Auf einem Artikel zum #RaspPi wird Werbung für Daytrading eingeblendet, der Image-Name suggeriert @uniGoettingen. Da bleibe ich ganz lieber weg.

Allerdings hat bislang weder die Redaktion noch die Uni Göttingen bislang darauf irgendwie reagiert.

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