Ukraine

Ich habe lange überlegt, ob ich mich auf der MSXFAQ zu fachfremden Themen äußere. Ich habe natürlich eine Meinung zu tagesaktuellen und langfristigen Themen. Ich laufe ja nicht mit Scheuklappen durch die Welt. Es gibt viele Dinge, die mich beschäftigen und es gibt natürlich eine Welt abseits der IT, Office365, Exchange, Teams etc. Aber mehr als ein sein Wahlrecht aktiv nutzender Bürger bin ich nicht und schon gar nicht Sprecher, Kommunalpolitiker o.ä.

Ich habe die MSXFAQ nicht in Gelb/Blau dekoriert, da dies dem Sachverhalt weder nützt noch angemessen wäre. Aber ignorieren kann und will ich die Situation nicht. Auch weil Mitarbeiter und Geschäftspartner von Net at Work direkt betroffen sind.

Meinung

Es gibt aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für einen Überfall auf ein Land und die Missachtung von allgemein anerkannten Grenzen. Punkt. Schon die Besetzung der Krim 2014 war nicht in Ordnung aber damals haben sich demokratischen Länder nicht auf eine gemeinsame Reaktion einigen können. Aus heutiger Sicht dürfte Herr Putin dies als eine Einladung verstanden haben, die nächsten Schritte zu gehen, zuerst die Landesteile anzuerkennen und sich dann "als Beschützer" rufen zu lassen. Geschichte wiederholt sich doch, sei es der Überfall auf Polen durch Hitler (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberfall_auf_Polen) oder auch der Winterkrieg (https://de.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg) gegen Finnland, zeigen die üblichen Scharmützel vor dem Krieg ein ein Satz stimmt immer.

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.

Nach meinen Rechtsempfingen müsste der komplette Prozess "rückabgewickelt" und auch die "Schäden" im Rahmen von Reparationsleistungen beglichen werden. Ich befürchte aber, dass dies frühestens dann passiert, wenn die aktuell herrschenden Personen nicht nur ihr Scheitern eingesehen sondern auch das russische Volk sich über die verschiedenen Sichtweisen zum Konflikt informieren kann. Bis dahin hoffe ich für die Ukraine, dass Sie dem Druck standhalten und Unterstützung erfahren und die aggressiven Personen zur Vernunft kommen.

Überlegungen

Der ganze Konflikt zeigt aber durch einige Verwerfungen und Fragen auf, die mich auch beschäftigen:

  • Der neue Egoismus
    Der bayrische Spruch "Wer koa, der koa" eines Kutschers, scheint nun auch zum neuen Standard bei einigen Staatenlenkern geworden zu sein, sei es Bolsonaro (BR), Trump (US), Kim (NP), Duerte (PH), Assad (SY) und nun Putin (RU). Da fallen die Regierenden in Polen, Ungarn, UK gar nicht mehr auf. Wie soll ich dann aber meinen Kindern erklären, dass Rücksicht, soziales Verhalten, Fairness nur noch auf dem Papier stehen? Oder sind wir im Grund wirklich nur Raubtiere, die auf ihren individuellen Vorteil aus sind und jede Chance ergreifen? Dann bin ich die MSXFAQ eine aussterbende Rasse und die ganzen Chorleiter, Sporttrainer etc. auch?
  • Verteidigung ist billiger als Angriff
    In der Ukraine wird über eine "NoFly"-Zone debattiert und wer sie durchsetzen sollte. Ich bin kein Militär aber die Kosten eines Kampfflugzeugs sind ein vielfaches höher als einer Flugabwehrrakete. Erst mit Marschflugkörpern relativiert sich das Verhältnis. Aber auch Panzer kosten mehr in der Anschaffung und vor allem im Unterhalt als eine Panzerfaust. Die Lieferung solcher Waffen, die nur sehr eingeschränkt zum Angriff genutzt werden können, erscheint logisch. Und vielleicht sollte man noch viel mehr dieser Abwehrwaffen vorhalten.
  • Energieabhängigkeit
    Als hätte nicht schon Corona gezeigt, wie fragil Warenströme sind, so zeigen die Sanktionen, wie wackelig speziell Deutschland zum Thema Energieversorgung aufgestellt ist. Wenn ich dem Konflikt etwas gutes abgewinnen kann, dann die Beschleunigung bei der Umstellung weg von fossilen Energieträgern und der Abhängigkeit von anderen Ländern, mit denen man nichts teilt. Leider hat Nordeuropa hier keinen leichten Stand. Die Sonne brennt hat träger in südlichen Ländern und wer einmal die Wirtschaftlichkeit von Solarzellen allein zwischen Paderborn und Spanien vergleicht, wir überrascht sein. Eigentlich bauen wir in den falschen Ländern unsere Solaranlagen.
  • EU Einigkeit
    Eigentlich ist es ein Glück, dass der Überfall auf die Ukraine so zweifelsfrei "nicht tolerierbar" war und sich die EU-Länder wirklich auf eine gemeinsame Strategie einigen mussten. Auf einmal wurden alle anderen Streitigkeiten hinten angestellt. Mal sehen, wie lange das anhält, denn die ersten relativierenden Aussagen waren aus Ungarn (?) schon zu hören.
  • China und Taiwan
    China hat sich zwar bei der UN "enthalten" aber in Asien gibt es ja auch den schwelenden Konflikt. Taiwan ist aber eine viel isoliertere Insel und daher viel schwerer zu unterstützen. Und wer will es sich schon mit China verscherzen? China ist eine viel größere Wirtschaft als die Ukraine und eine verlängerte Werkbank. Und ich spreche da nicht nur von ESP8266 und anderen Bauteilen aus der Bastelbude. Realistisch betrachtet, ist auch hier der nächste Konflikt vorgezeichnet.
  • Bundeswehr und Nazi-Vergangenheit
    Es war lange Zeit wichtig, aus der Geschichte der NS-Zeit und "Führern" zu lernen und nicht in der ersten Reihe zu stehen. Aber Verteidigung ist kein Angriff und Abwehrwaffen wie Panzerfäuste, Stinger, Patriot etc. sind keine Marschflugkörper, Panzer oder Flugzeuge. Hier waren viel Generationen von Politikern wohl zu naiv den Frieden als das neue Normal anzusehen..
  • 100 Mrd Wehretat und Rheinmetall und Co.
    Interessant auch die Reaktion der Aktienmärkte auf das Bundeswehr Konjunkturprogramm. Rheinmetall soll doppelt so viel wert sein? Als Käufer würde mir das zu denken geben aber als Firma sollte ich mal überlegen, wer die Produktionsumgebung bereitstellt. Statt XXL-Dividenden auszuschütten, sollten wohl eher die Qualität und Menge der Lieferungen erhöht werden.
  • Nordstrem2 und Uniper
    Die Firma Uniper vermeldet, dass Sie ihren Kredit (und ersten Zinszahlungen) über 987 Mio€ als Totalverlust "abschreiben" wird.

    Quelle https://www.uniper.energy/news/de/update-zu-unipers-russlandaktivitaeten-und-weiteren-schritten
    Anscheinend tut das aber nicht weh, denn der geschätzte Jahresgewinn soll das kaum beeinflussen und die Aktie stieg sogar. Interessanter fand ich aber, dass die Zinseinnahmen von ca. 100 Mio/Jahr für einen Kreditbetrag von 695Mio€ über die nächsten Jahre auch wegfallen. Das stelle ich mir zwei Fragen:
    - 14,3% Zinsen während der Normalsparer 0% bekommt? Ob das mit rechten Dingen zugegangen ist?
    - 695 Mio geliehen? Das ist weniger als die Hälfte der Gaseinnahmen im Jan 2022 (2,6 Mrd €) bei 9Mrd€ Herstellungskosten?
  • Umwelt
    Das der andauernd zu hohe CO2-Ausstoß nicht gut sein kann und wir auf Dauer die Lebensgrundlage zerstören, wissen Wissenschaftler und Kinder aber Politiker denken in Wahlperioden und keiner will der Überbringer der schlechten Nachricht sein, schmerzhafte Veränderungen einleiten und damit die Wiederwahl gefährden. Vielleicht ist der Russland-Feldzug eine Zäsur und der Gasverbrauch geht zugunsten anderer nachhaltigerer Energien zurück. Wobei ich das nicht wirklich glaube.
  • ...
    Ich könnte noch ganz viele weitere Punkte aufzählen, die mich bewegen, über die ich nachdenke und manchmal mit geballter Faust in der Tasche stehe, weil eine Änderung nicht in Sicht ist.  allen Bereichen

Cloud und Internet

Bei allem menschlichem Leid versuchen die demokratischen Staaten den Konflikt ohne einen direkten Krieg zu beenden. Die verhängten Sanktionen betreffen auf dem Papier natürlich primär die Oligarchen und Führer in Russland aber auch Firmen in Russland und überall auf der Welt. Wir sehen das schon an den steigenden Kosten in allen Bereichen. Aber auch die wechselseitigen Blockaden von Diensten im Internet, Kündigungen des Peerings durch Provider wie Cogent, Einschränkungen durch Provider (Apple, Google, Microsoft u.a.), Rückruf von Zertifikaten durch PKIs oder Einschränkungen durch Zahlungsdienstleister zeigen, wie verletzlich auch Cloud-Dienste sind.

Es gibt sicher auch Firmen in Russland, die z.B. Office 365 nutzen. Was bedeuten solche Einschränkungen für deren Betrieb? Wer kann da sicher sein, dass sich die Machtverhältnisse in einigen Jahren nicht gegen andere Firmen und Länder richten? Bei schönem Wetter ist es leicht den souveränen Kapitän zu geben. Sollte das der Auslöser für lokale oder nationale Services sein, die eben weniger Abhängigkeiten haben?

Mindset change

Da haben sich die russischen Führer wohl etwas verrechnet. Die "Spezialoperation", wie der Krieg ohne Kriegserklärung gerne verklausuliert wird, war wohl doch nicht in wenigen Tagen zu gewinnen. Ich frage mich natürlich schon, wie der Konflikt nun meine Gedanken und Überzeugungen beeinflusst.

  • Jugend
    Ich habe nie einem Krieg erlebt und war überzeugt, dass in der "zivilisierten Welt" ein Krieg eigentlich nicht mehr stattfinden wird, da alle zu viel zu verlieren haben. Kriege seien nur was für Despoten und Diktatoren in bildungsfernen Ländern. Ich habe damals dennoch meine Wehrdienst (W15) abgeleistet und mit viel Zusatzwachen und Ansparen des Urlaubs nach 12 Monaten nahtlos meine Ausbildung gestartet. Zivildienst hätte mit 18 Monaten mich ein Jahr zurückgeworfen.
  • Jahrzehnte
    Der Krieg im Irak, Afghanistan, Libyen und anderen Ländern haben aber gezeigt, dass Öl und andere Bodenschätze aber auch Religionen eine Konflikt herbeiführen können. Aber auch hier dachte ich, dass wir "Christen" mit den Kreuzzügen damals auch nicht besser waren aber heute "gebildeter" sein sollten. Damals dachte ich aber noch, dass im Gefüge der Weltwirtschaft eigentlich kein Staat sich durch Kriege soweit isolieren will. Leider ein Irrglaube.
  • Balkan / Syrien
    Mit dem Krieg im damaligen Jugoslawien kamen die Konflikte direkt vor die europäische Haustür und selbst UN-Missionen konnten diverse Kriegsverbrechen und Bombardierungen nicht verhindern.
  • Heute
    Nun haben wie wieder einen Krieg, in dem ein Angreifer ein Nachbarland ohne Rücksicht zusammenbombt und langsam frage ich mich, ob die Beschränkung auf Verteidigungswaffen wirklich sinnvoll ist. Selbst nach einem Waffenstillstand gehe ich nicht davon aus, dass der Angreifer zu Reparationszahlungen verpflichtet wird. Bislang habe ich noch nicht gehört, dass die Ukraine auch Städte in Russland mit Raketen mit Artillerie beschießt.

Ich denke, dass Konflikte und damit Kriege immer wieder auftreten werden und der Mensch letztlich doch nur ein auf seinen Vorteil bedachtes Raubtier ist und Begriffe wie "edel", "rücksichtsvoll" etc. gerne den "Anderen" überlassen werden. Ich kann dem Satz "Angriff ist die beste Verteidigung" nicht viel abgewinnen aber ich könnte mich damit anfreunden, dass ein Angreifer damit rechnen muss, dass das Schlachtfeld auch auf sein eigenes Territorium ausgedehnt wird. Schon komisch, wie sich die Sichtweisen verändern.

Ausblick

Es ist einfach traurig und ich bin davon überzeugt dass in die übernächste Generation vielleicht einmal meine Kinder (dann Eltern) oder mich verständnislos fragt, warum wir nichts getan haben. Der Konflikt in der Ukraine dauert schon viel zu lange. Wobei wir auch Syrien, Sudan und die vielen anderen "Kriegsschauplätze" nicht vergessen würden. Solange die Kriegstreiber nichts zu befürchten haben, leidet nur das gemeine Volk. Solnage viele Menschen, Firmen und Staaten ihren eigenen Vorteil ziehen draus, z.B. Öl über Indien etc., ändert sich nichts. Goethe hat mal einen Wunsch gedichtet: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!“. Aber der Mensch ist nach den Dinosauriern schon immer das größte Raubtier gewesen. Die waren aber auch plötzlich weg, weil die Umgebungsbedingungen durch einen Meteoriteneinschlag sich verschlechtert haben. Anscheinend haben weder die "Mächten" in Diktaturen, in Demokratien oder anderen Staatsformen das Rückgrat, über ihre Legislaturperiode hinaus Entscheidungen zu fällen. Der "moderne Mensch" wird wohl als das erste Lebewesen sein, dass seine eigene Lebensgrundlage vernichtet. Ich werde es wohl nicht mehr erleben aber dennoch verhalte ich mich nicht wie eine "Drecksau".

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