DECT mit IP-Basis Stationen

Bei der früheren TK-Technik wurden DECT-Basis-Stationen über eine proprietäre Kabelverbindung mit einem gesonderten Controller bzw. Einsteckkarte in der TK-Anlage verbunden. Diese Leitung ist natürlich keine ISDN-Leitung oder analoge Verbindung sondern ein proprietärer Bus zur Übertragung von Sprache und Takt- und Steuerinformationen, die langfristig aber niemand mehr betreiben will. Heute versuchen Firmen möglichst alles über eine standardisierte "Netzwerk und IP"-Verbindung aufzubauen.

Anhand mehrerer DECT-Installationen bei Kunden mit Aastra RFP35 und anderen Basisstationen kann ich nun auch aus größeren praktischen Projekten hierzu berichten. DECT und Mobilteile werden durch eine Einführung von Skype für Business nämlich nicht überflüssig. In bestimmten Bereichen geht nichts über DECT-Handsets, die "tragbarer", robuster und mit weiteren Funktionen ausgestattet sind. Ein PC oder SmartPhone braucht entweder eine gute WiFi-Abdeckung (mit Roaming), was da 3mal mehr AccessPoints als DECT benötigt, oder eine passende LTE-Verbindung, die nicht überall (Keller, Fabrikhalle). Zudem halten die richtigen DECT-Mobilteile auch mal einen Sturz aus, können stundenlang telefonieren, sind handlicher und funktionieren mit dem passenden Basisplatzierung auch im Keller, wo GSM schon lange aufgegeben hat. Zudem gibt es Handsets für Kliniken, EX-geschützte Bereiche und mit PNA-Funktionen.

Besonderheit DECT Basis-System mit IP

Die Installationen eines DECT-Systems auf IP-Ebene hat einen großen Unterschied zu "alten" DECT-Antennen, die per proprietärer Telefonleitung angeschlossen wurden. Damit z.B. ein "Handover" funktioniert, müssen alle Basisstationen den gleichen "Takt" nutzen. DECT ist ja eine TDM-Technik und kein CSMA-CD. Der Takt kann nicht über eine LAN-Verbindung synchronisiert werden. Die Funksender machen dies daher per DECT. Das bedeutet aber, dass die DECT-Antennen auch miteinander kommunizieren können. Eine Konfiguration, bei der ein Handheld am Rande einer Zelle steht und gerade in die nächste Zelle eintritt geht in folgendem Bild nicht.

 

Das Handheld hat zwar Kontakt mit beiden Stationen aber die Stationen sehen sich nicht. Die Funkbereich der Stationen müssen sich auch überlappen, was aber kein Problem darstellt. Wenn Sie das Bild ansehen, dann müsste das Handheld genau in der Schnittmenge überwechseln. Schon daher werden Zellen enger überlappend angelegt:

 

Das sieht aber nur auf den ersten Blick so aus, als ob man viel mehr DECT-Stationen brauchen würde. Die Hersteller sprechen von einem Faktor 1:1,3, der hier mehr erforderlich ist. Aber auch mit anderen Techniken wird man selten die Maximalreichweite von ausreizen, da auch Basisstationen nur eine bestimmte Menge an Gesprächen parallel führen können. Wenn eine Basis z.B. 8 Gespräche führen kann und sie wirklich einen Radius von vielleicht 100-200m abdecken können, dann ist das für einen Hof vielleicht ausreichend aber nicht für ein Großraumbüro. Da werden Sie schon von ganz alleine mehr Stationen platzieren um mehr Kanäle zu bedienen.

Die Stationen müssen sich zum Abgleich nicht alle direkt sehen. Es reicht eine funktionierende Verbindung. Bitter ist dann aber der Ausfall einer Station wie auf diesem Bild:

Hier kann die rechte Zelle nicht mehr direkt die beiden linken erreichen und ist quasi segmentiert. Ein Mobilteil sieht zwar hier noch die zweite und die vierte Station aber der Handover kommt nicht mehr zustande. Solche "Ketten" sollten möglichst vermieden werden, indem sich quasi Dreiecke oder über Stockwerke hinweg Pyramiden bilden um den Ausfall einer Station zu überbrücken.

Allerdings kann man unter Berücksichtigung der Kosten überlegen, ob die "Blattknoten" am äußersten Ende wirklich auch immer zwei weitere Stationen sehen müssen. Hier ist der linke Knoten nur mit einem der eng verbundenen Knoten gekoppelt. Fällt dann natürlich der eine Knoten aus, dann kann auch der Rosa-Bereich zumindest kein "Handover" mehr annehmen. Natürlich kann innerhalb der Zelle telefoniert werden. Es kommen also gleich mehrere Faktoren bei der Platzierung von Basisstationen zum Tragen und insofern ist es immer ein Kompromiss zwischen Kosten, örtlichen Besonderheiten und den Anforderungen. für die Platzierung fasse ich noch mal zusammen:

  • Reichweite
    Man muss mindestens so viele Stationen platzieren, dass an jeder geforderten Stelle eine Verbindung zum einem AP besteht. Besser ist es, wenn eine Station immer zwei andere Stationen sieht, damit bei einem Fehler das Netz weiterhin verbunden ist und ein Handover weiter möglich ist.
  • Überlappung (Handover)
    Bei DECT-IP muss nicht nur der Client zwei Stationen sehen. Auch die Stationen müssen miteinander in Kontakt stehen. Daher sind die Stationen eventuell dichter zu setzen. Im Vergleich zu alten "sternförmig" angebundenen DECT-Stationen sind ca. 1,3 mal so viele Basen erforderlich. Im Gegensatz zu WiFi ist DECT mit 1/3 der benötigten Sendern aber immer noch höchste effektiv.
  • Kanal-Anzahl
    Aus der Planung der aktiven Gespräche in einem Bereich ergibt sich eventuell eine weitere Steigerung der Basisstationen.
  • LAN-Anschluss
    Natürlich muss an den Orten, die Sie sich dann auch ausgeguckt haben, ein LAN-Anschluss vorhanden sein. Eventuell können Sie Power-LAN oder ADSL-Modems auf einer bestehenden Strom oder TK-Verkabelung huckepack arbeiten.

Es gibt verschiedene Hersteller von DECT-Systemen und ich kann nicht alle können und geschweige denn beschreiben. Ich habe bislang mit den Basisstationen und Handhelds von Mitel/Astra als auch Spectralink gearbeitet.

Bei Mitel gibt es z.B. Sender für Innen und Außen (Wassergeschützt) und bis zu 256 Basisstationen können bis zu 512 Mobilteile in einem Verbindung bedient werden. Die Basisstationen synchronisieren sich über DECT Die Spectralink-System können mit einem besonderen NTP-Service eine Synchronisation über LAN erreichen.

Ob man diese Abhängigkeit eingehen will um vielleicht die Basisstationen etwas weiter auseinander platzieren zu können, hängt von den individuellen Umgebungen ab.

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