Sharing oder Kopieren?

Früher war die Welt einfach: Jede Firma war autark, hatte lokale Server und Dokumente wurden per Mail oder vielleicht per FTP übertragen, wenn diese nicht noch per FAX oder gar Postbrief übermittelt wurden. Nach der Zeit, in der Dokument exzessiv per Mail versendet, überarbeitet und damit vielfach dupliziert wurden, ist nun die Zeit des "Sharing" angebrochen.

Zusammenarbeit statt Kopie

Im Idealfall liegt eine Information auf genau einer Stelle und jeder Nutzer oder Autor greift auf diese Datei zu. In der Microsoft-Welt wird dazu schon länger "SharePoint" oder "OneDrive" genutzt. Diese Plattformen gibt es auch als Consumer-Version, so dass auch Privatanwender immer weniger duplizieren sondern Links auf die Datei in OneDrive verteilen. Das ist vom Prinzip her auch eine sehr gute Idee, auf einer Datei zusammen zusammen zu arbeiten. So ist doch sichergestellt, dass alle Teilnehmer immer mit der aktuellen Version arbeiten und mit entsprechenden Berechtigungen sogar alle in der gleichen Datei Änderungen vornehmen können. Dank "Versionierung" können unerwünschte Änderungen erkannt und auch wieder rückgängig gemacht werden. Soweit, so gut

Der Konflikt

Kritisch wird es aus meiner Sicht, wenn nicht klar ist, wer wie und wo arbeitet und wenn es mehrere überlappende Bearbeitergruppen gibt. Ich gebe ihnen mal ein Beispiel: Nehmen wir an, dass eine Firma ein Projekt durchführt und dazu drei Parteien kooperativ miteinander arbeiten wollen. Anfang 2019 könnte das z.B. ein Projekt zur Einführung von Teams in einer Firma sein. Die Projektsteuerung selbst kann z.B. in einem Team erfolgen, da dank Federation und Gast-Zugriff auch andere Teilnehmer dort mitarbeiten können. Die drei Parteien könnten sein:

  • Firma1: Kunde
    Diese Firma hat einen Office 365 Tenant und möchte ihre Anwender nun mit Teams arbeiten lassen
  • Firma 2: Generalunternehmer
    Diese Firma ist der Haus- und Hof-Lieferant von Firma1 und betreut die Firma auch bei der Umsetzung von Office 365 Anforderungen. Allerdings ist sie etwas "wackelig" was die Funktion Netzwerk, Bandbreite, RTP, Telefonie betrifft.
  • Firma3: Spezialist Teams
    Daher holt sich Firma 2 einen Subunternehmer oder Consultant, z.B. Firma 3, mit ins Projekt

Diese drei Firmen benötigen natürlich einen Arbeitsbereich, indem Aufgabenlisten, Kontakte, Dokumentationen etc. landen. Dazu bietet sich natürlich Teams selbst an.

Aber reicht hier ein Team?.

  • In welchem Tenant landen die Daten?
    Bedenken Sie, dass Firma1 zu Begin noch kein Teams nutzt und selbst wenn Firma2 schon Teams nutzt, gibt es vielleicht Vorgaben, dass die komplette Projekt-Dokumentation unter der Aufsicht von Firma1 zu erfolgen hat. Daher wird ein Team bei Firma2 nicht von Dauer sein und der Subunternehmer Firma3 ist sicher am wenigsten involviert.
  • Teams Berechtigungen und Sichtbarkeit
    Nun wissen Sie aber auch, dass in alle Mitglieder in einem Team gleichberechtigt auf alle Inhalte sind. An den Überlappungen Sehen Sie aber schon, dass selbst diese einfache Projekt schon Bereiche hat, die nicht alle Teilnehmer sehen dürfen. z.B.
    • Firma1: Ausschreibung
      Die Firma1 hat natürlich mehrere Anbieter angefragt, Vergleiche angestellt etc. Diese Daten hat Firma1 schon in "ihrem Projekt-Bereich" abgelegt. Firma 1 will sicher nicht, dass irgendwann diese Informationen bei Firma2 oder Firma3 landen
    • 2/3
      Während der Angebotsphase stimmen sich Firma 2 und 3 natürlich ab. Schließlich geben Sie ein gemeinsames Angebot ab. Diese Informationen soll natürlich der Kunde "Firma 1" nie bekommen. Es verbietet sich also diese Daten in das Teams von Firma1 abzulegen. Eine Ablage im Bereich von Firma 2 ist wahrscheinlich aber für Firma 3 natürlich unangenehm. Schließlich könnte Firma 2 ja die Informationen von Firma 3 quasi "behalten" oder Firma 3 den Zugriff verweigern
    • 1/2/3: Gemeinsamer Bereich
      Aber auch der gemeinsame Bereich, in dem dann alle Firmen kooperativ am Projekt arbeiten und der vielleicht bei Firma 1 abgelegt ist, ist kritisch zu sehen. der Auftragnehmer Firma 2 und Subunternehmer Firma 3 haben nämlich hier keine Datenhoheit. So könnte bei einem Scheiten des Projekts der Kunde "Firma 1" den bisherigen Partnern den Zugang verweigern. Wenn Firma2/3 nicht irgendwie eine "Kopie haben, dann können Sie nicht einmal nachweisen, was sie gemacht haben und wie weit das Projekt gegangen ist. Ich kann nicht abschätzen, wie sich dies bei einem Prozess (Schadenersatz, Gewährleistung) auswirkt.
      Aber auch wenn das Projekt 100% erfolgreich und zur vollen Zufriedenheit fertiggestellt wurde, kann Firma1 ja dann langsam mal das Team auch wieder abschließen und irgendwann archivieren. Dienstleister sind aber darauf angewiesen, dass Sie ihre Erfahrungen und Vorgehensweisen nicht nur einmal umsetzen, sondern kopieren und bei anderen Firmen weiter entwickeln. Wenn die Dokumente aber nicht mehr im Zugriff sind, kann Firma2 und Firma3 nicht mehr nachschauen.

Und das ist nur eine Auswahl der Überschneidungspunkte. Ich bin auch weiterhin ein Freund von Zusammenarbeit und vermeide Kopien, wo immer es geht. Aber manchmal ist eine Synchronisation durchaus erforderlich. Ich bin seit über 20 Jahre "Consultant" und schreibe sehr viele Dokumentationen, die auch alle mein Kunde während des Projekts schon hat. Aber auch das Projekt zu Ende ist und die Dokumentation quasi "übergeben" wurde, habe ich auch meine Kopie. Zu oft war genau das der Lebensretter in einer Krisensituation, weil ich eben anhand der Aufzeichnungen auch nach Jahren mich sehr schnell wieder in die Kundenumgebung zurechtfinden konnte. Natürlich dienen Projekte aus der Vergangenheit auch bei der Durchführung aktueller Projekte als Hilfestellungen. Nur so kann ein Dienstleister die Qualität hoch halten und kostengünstig arbeiten.

Was muss kopiert werden?

Was und wie und in welchem Umfang etwas kopiert werden kann, hängt natürlich von der Datenquelle ab. Aus Vereinfachungsgründen behandle ich nur Dateien, die in einer SharePoint-Library liegen. Damit erschlage ich auch viele Informationen, die in einem Teams-Team abgelegt sind. Natürlich fehlen Konversationen in den Channels genauso wie Aufzeichnungen im Streams des Teams-Tenant. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass viele Informationen doch einfach als Datei im Teams und damit letztlich in SharePoint landen.

Solche Quellen können heute recht einfach mit dem "Next Generation Sync Client" für Windows auch auf einen lokalen PC repliziert werden. Allerdings muss das der Anwender natürlich einrichten. Da der Sync im "Hintergrund" erfolgt, kann eine Änderung oder Löschung von Dateien im SharePoint natürlich auch die lokale Kopie zerstören. Genau genommen müsste also der Mitarbeiter auf seinem Client auch noch eine Kopie aus dem OneDrive-Verzeichnis in ein andere Verzeichnis anfertigen.

Als Firma sollte man diese Aktion aber nicht dem Mitarbeiter überlassen. Wobei sich hier die Frage stellt, welche Mitarbeiter überhaupt mit welchen Dateien beim Kunden arbeiten?. Es ist in Office 365 relativ einfach zu ermitteln, welche Daten an externe Personen freigegeben wurden. Es ist aber meines wissen gänzlich unmöglich auch die Umkehranalyse zu fahren. Firma2 und Firma3 wissen also gar nicht, welche ihrer Mitarbeiter bei Firma1 aktiv sind. Schlimmer noch: Sie können auch nicht sehen, wie viel Zeit ein Mitarbeiter von Firma2 oder Firma3 für Firma1 mit den Dokumenten arbeitet.

Aktuell könnte ich mir nur vorstellen, dass serverseitig die "Freigabe-Mails" eingesammelt werden, mit denen Mitarbeiter einen Zugriff auf Daten in einem anderen Tenant erhalten. Das geht natürlich nur, wenn dazu auch Mail verwendet wird und die Links nicht anders, z.B.: per Skype for Business übertragen werden.

Serverseitiger Abgleich

Selbst wenn ich als Firma nun genau wüsste. in welchen anderen Tenants meine Mitarbeiter unterwegs sind, so werden Berechtigungen für den Gastzugriff immer nur an die Personen selbst vergeben. Weder eine Administrator noch ein Compliance-Officer o.ä. hat damit Zugriff auf die Informationen mit denen ein Mitarbeiter der eigenen Firma in einem anderen Tenant arbeitet. Diese Situation ist nicht wirklich zufriedenstellend.

Natürlich könnte ich in meinem Tenant nun einen "besonderen Benutzer, z.B. "complance@uclabor.de" anlegen und alle anderen Firmen auffordern, diesen Benutzer die gleichen Berechtigungen auf die Dateien und Bereiche einzuräumen, die auch ein normaler Anwender bekommen würde. Aber es doch fraglich, wer hier dann am längeren Hebel sitzt. Ich wüsste aktuell auch nicht, ob eine Art "Impersonation" möglich ist, damit sich eine Dienstkonto als Anwender eines Office 365 gegenüber einem anderen Tenant ausweisen kann.

Selbst wenn das alles möglich wäre, dann fehlt immer noch eine Software, die die Daten von einem anderen Tenant oder sonstigen Datenbestand auf den eigenen Bereich synchronisiert. Wen es nur ein Abgleich in eine Richtung ist, dann wäre das vermutlich noch relativ einfach. Werden die Daten aber dann auch im eigenen Tenant bearbeitet, dann kann die Replikation unmöglich werden. eine "Zusammenarbeit" wäre so dann eher unmöglich. Es würde mir aber schon reichen, wenn über so einen Abgleich dann auch eine Änderungsverfolgung möglich wäre.

Ich habe aktuell aber keine "Lösung" für diese Aufgabenstellung. Vielleicht sehe ich aber nur Problem, was gar keines ist. Wenn Sie mir ihre Ansicht mitteilen wollen, dann schreiben Sie mir doch einfach an .

Weitere Links