Wer braucht Exchange 2007/2010 ?

Hinweis
Diese Seite gibt den Stand von Dezember 2006 wieder und sollte all denen helfen, die damals Antworten suchten. Mittlerweile sollte sich die Frage nicht mehr stellen, da Exchange 2007 seine Tauglichkeit bewiesen hat und sowohl die Hardwarevoraussetzungen als auch Drittprodukte kein Problem mehr darstellen.

Bitte verstehen Sie diese Seite nicht als "Miesmacherseite" zu Exchange 2007. Mein eigenes Postfach ist schon auf Exchange 2007 migriert und ich migriere natürlich auch Kunden auf Exchange 2007. Aber bei all der Freude über Office 2007, Exchange2007, Sharepoint 2007 und Vista sollten Sie auch die Einschränkungen einer reinen Exchange 2007 Umgebung können. Vielleicht kommen Sie dann auf die Idee, dass Exchange 2007 vielleicht erst in einigen Monaten für sie wirklich interessant ist.

Warum Exchange 2007/2010

Auf der Seite E2007:Fakten stehen jede Menge Argumente für den Einsatz von Exchange 2007 in unternehmensnetzwerken und ich möchte den einen wichtigen Faktor hier noch einmal wiederholen:

  • 64bit = mehr RAM = mehr Performance = mehr User = größere Datenbanken
    Exchange 2007 ist die erste Exchange Version, welche ausschließlich als 64bit Version unterstützt wird. Die weiterhin erhältliche 32bit Version ist nur für Tests und Schulungen freigegeben. Dieser Schritt von Microsoft ist logisch, denn die Windows 32bit Schiene ist schon länger am Ende der Ausbaufähigkeit angelangt. 2-3 GB Hauptspeicher pro Prozess sind für große Datenbanken wie Exchange wirklich nicht mehr ausreichend und wenn Notebooks mehr Speicher eingebaut haben, als der Serverprozess nutzen kann, dann ist das Missverhältnis offensichtlich. Microsoft hat mit dem Outlook 2003 Cached Mode schon die Situation für einige Zeit entschärft, indem der Client durch den Cache viel weniger Anfragen an die überlasteten Server gesendet hat. Aber heute sind Exchange Server langsam, weil die Massenspeicher nicht schnell genug sind und Exchange zu wenig Cache nutzen kann. Das wird durch 64bit gelöst, so dass Sie mit relativ wenig Geld für etwas mehr Hauptspeicher die Cacheleistung erhöhen können und damit die Festplatten entlasten.

Natürlich können auch die Rolle E2007:UM oder der verbesserter OWA-Zugriff für Sie interessant sein, aber das müssen Sie natürlich persönlich bewerten. Auch der Einsatz mehrere Datenbanken in der Standardversion oder das veränderte SMTP-Routing ist weitere wichtige Punkte. Der Einsatz von Exchange 2007 als alleiniges System führt aktuell aber auch zu ein paar Einschränkungen, die sie können sollten.

Warum Sie vielleicht warten wollen.

Sicher ist Exchange 2007 für große Firmen ein immenser Gewinn aber Fakt ist auch, dass sehr viele KMUs (Kleine und mittlere unternehmen) in Deutschland aktiv sind, die vielleicht mit dem Small Business Server arbeiten oder zwar die Vollversionen im Einsatz haben, aber höchste Verfügbarkeit und große Benutzerzahlen auf einem Server nicht ausschlaggebend sind. Dann sieht die Rechnung Pro und Kontra Exchange natürlich etwas anders aus. Bedenken Sie mal folgende Aspekte:

  • 64bit
    Der quasi erzwungene umstieg auf 64bit ist für große Firmen sicher einfach zu handhaben. Sie nutzen schon SQL oder SAP mit 64bit auf Windows und haben entsprechende Erfahrungen. Aber wie sieht es mit ihrer eigenen Erfahrung mit 64bit aus ?. 64bit bedeutet mehr als "nur" eine CPU, die EM64T-Befehle beherrscht, sondern durchweg 64bit für alle Treiber. Sind Sie sicher, dass all ihre hardwarenahen Komponenten 64bit unterstützen ?
  • Virenscanner
    Haben Sie schon mal kontrolliert, wie viele Hersteller schon einen Virenscanner für 64bit und Exchange 2007 anbieten ? Auf einem Server sollte schon ein Virenscanner auf dem Dateisystem arbeiten und natürlich ein Virenscanner für die Exchange Datenbank. Sicher werden alle namhaften Hersteller hier bald eine Version bereit stellen. Aber faktisch handelt es sich dann um eine sehr neue Version für Exchange 2007. Sicher kann man mit Microsoft Forefront hier auf der sicheren Seite sein, da Microsoft diese Software wohl auch intern einsetzt. Aber vielleicht haben Sie ja andere Vorlieben. Fragen Sie ihren Antivirenhersteller, wann er eine Exchange 2007 Version bereit stellt und was diese kosten wird.
  • Datensicherung
    Das gleiche Dilemma zeigt sich bei der Datensicherung. Ich sichere meinen Exchange 2007 Server aktuell per NTBACKUP. Da kann ich ziemlich sicher sein, dass die Sicherung aus funktioniert. Symantec hat erst Anfang Februar 2007 für BackupExec Version 11d angekündigt, dass ich damit nun auch Exchange 2007 sichern kann. Welche Backupsoftware nutzen Sie ?
  • öffentliche Ordner
    Benötigen Sie ihre öffentlichen Ordner? Ich bin sicher, dass Sie öffentliche Ordner nutzen. Mit Exchange 2007 RTM konnten Ordner auf dem Server nicht per GUI verwalten und nicht per OWA drauf zugreifen. Auch der Zugriff per NNTP ist nicht mehr gegeben. Die Verwaltung erfolgt über die PowerShell. Erst mit Exchange 2007 SP1 wurden diese Funktionen (Außer NNTP) nachgerüstet.
  • partielle GUI
    Die gesamte Exchange Management Console selbst funktioniert bislang fehlerfrei. Aber das ist vielleicht auch nicht so schwer, da bei weitem nicht alle Funktionen eines Exchange 2007 Servers auch per grafischer Oberfläche erreichbar sind. So können Sie sämtliche Einstellungen zu POP3 oder IMAP4 nicht über die grafische Verwaltung durchführen. Sicher ist die Einstellung per PowerShell nicht gerade schwer (Siehe E2K7 POP3/IMAP4) aber aus meiner Erfahrung ist selbst das für Teilzeitadministratoren, wie sie in vielen Firmen Normalität sind, nicht einfach genug. So können Sie keine öffentlichen Ordner verwalten, die Listenansicht der Benutzer zeigt nicht die Größe der Mailboxen und auch nicht die letzte Abmeldung an. Berechtigungen sind nicht per GUI zu pflegen und auch Routinggroup Connectoren und ForeignConnectoren sind nicht zu sehen. Es ist sicher zu verschmerzen, dass auch viele Funktionen des CCR nicht in der GUI sichtbar und konfigurierbar sind.
  • Archivierung
    Nutzen Sie bereits heute schon eine Archivsoftware ? Fragen Sie zuerst ihren Hersteller
  • Connectoren zu Fax/SMS, Disclaimer etc.
    Viele Zusatzfunktionen von Exchange werden über Drittprodukte realisiert. Alle Connectoren, die bislang sich per EDK an Exchange 5.5-Exchange 2003 angebunden haben, sind mit Exchange 2007 nicht mehr nutzbar. Die Hersteller müssen demnach neue Connectoren entwickeln oder auf SMTP als Transport umstellen. Wie viele Produkte haben bislang als SMTP-Eventsink gearbeitet (z.B.: Disclaimer, Archive, Spamschutzerweiterungen, Antiviruslösungen etc.) Diese Schnittstelle ist ebenfalls komplett entfallen. Auch hier müssen Sie sich nach Alternativen umschauen.
  • Sharepoint Index
    Da auch der Sharepoint Server den Exchange Public Folder Store über die URL /public adressiert und diese in einer Umgebung ohne Exchange 2007 nicht mehr vorhanden ist, kann Sharepoint keine öffentlichen Ordner mehr indexieren und damit in einer Suche bereistellen.

Bin ich nun ein Miesmacher? - Ich hoffe nicht, denn Exchange 2007 ist aus meiner bisherigen Erfahrung ein stabiles Produkt, was ihr Vertrauen verdient hat. Ich möchte hier nicht das Horn stoßen, dass eine "Service Pack 0"-Version nie installiert werden sollte und man immer erst das SP1 abwarten müsste. Allerdings ist es Exchange 2007 das erste Produkt einer neuen Generation und es wird einige Zeit dauern, bis sich das ökosystem um so ein Produkt entsprechend angepasst hat. Wie so oft haben viele Hersteller erst einmal "abgewartet" und ihre andren wichtigen Probleme gelöst, als sich auf die Anpassung auf die neueste Version eines neuen Produkts zu stürzen. Schließlich wissen wir alle, dass es einige Zeit dauert, bis der Marktanteil eines neuen Produkts ausreichend groß ist, um entsprechende Verkaufszahlen erwarten zu lassen. Und bis dahin können Sie ja immer noch einen Exchange 2003 Server "mitlaufen" lassen, sofern ihre Firma groß genug ist, um diese Zusatzkosten zu akzeptieren.

Rate ich von Exchange 2007 ab ? - Nein, aber ...

Nein, ich sehe die Chancen von Exchange 2007 und helfe gerne bei einer individuellen Abwägung der Vorteile und Einschränkungen. Ich möchte Sie daher nicht von einem umstieg nach Exchange 2007 abhalten und ich unterstütze Sie auch gerne dabei. Aber ich werde auf der anderen Seite das Gefühl nicht los, dass das Release von Exchange 2007 vielleicht doch etwas verfrüht war. Natürlich können dahinter Lizenzüberlegungen stehen. Wer 2003 eine Exchange 2003 Lizenz mit Software Assurance für 3 Jahre gekauft hat, der würde sich natürlich ärgern, wenn das Nachfolgeprodukt erst nach Ablauf der Software Assurance Laufzeit erscheint. Solche "Probleme" hätte Microsoft aber anders lösen können.

Sicher macht es aus Sinn, die neuen Versionen von Outlook 2007 mit Exchange 2007 zu starten und auch Sharepoint 2007 als Teil des Gesamtverbunds zeitgleich zu veröffentlichen. Aber die Folge davon dürfte gewesen sein, dass viele Funktionen nicht mehr den Sprung in die "Release-Version" geschafft haben. Es pfeifen ja heute schon die Spatzen von den Dächern, dass einige fehlende Funktionen in der GUI im nächsten Exchange 2007 Service Pack nachgereicht werden sollen. Hier ist besonders die Verwaltung der öffentlichen Ordner zu sehen.

Vielleicht ist der Einsatz von Exchange 2007 für die kleinen unternehmen wirklich erst dann angebracht, wenn es auch den Small Business Server mit Exchange 2007 geben wird. Leider vermute ich auch hier, dass dieses Small Business Paket dann erst mit der nächsten Serverversion (Codename: Longhorn) geschnürt wird. Bis dahin sehe ich Exchange 2007 als wichtiger Schritt in die richtige Richtung für Firmen die aber weiterhin Exchange 2003 Server parallel betreiben. Denn für allzu viele Funktionen wird ein Exchange 2003 Server noch einige Zeit erforderlich sein.

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