Briefspam

Unerwünschte Werbung ist für den Absender "billigst" zu versenden. Der Empfang kostet aber Geld und zumindest Arbeitszeit und da ein krasses Missverhältnis zwischen Spam und gewünschten Mails besteht, setzen wir alle Spamfilter ein. Aber es gibt andere Werbeformen, die aber für den Absender deutlich  teurer sind und ihn aus der Anonymität zwingen. Denn er muss jemand für die Zustellung bezahlen. Das gilt sowohl für Werbung in Zeitschriften oder die wöchentlichen Prospektmassen der lokalen Supermärkte im Briefkasten. Werbung ist aber abgesehen von Zeitaufwand diese auszusortieren erst einmal nicht schädlich, Anders sieht es natürlich bei Anschreiben aus, die einen amtlichen Charakter vorgeben, z.B. verschiedene Branchenverzeichnisse, in die sich der Gewerbetreibende bitteschön eintragen soll. Natürlich alles andere als kostenfrei und mit entsprechenden langlaufenden selbstverlängernden Beiträgen.

Auf dieser Seite möchte ich aber von einer anderen Masche berichten. Ein klassischer Brief, allerdings nur frankiert mit einer 28Cent Marke, kam über den Türbriefkasten an.. Es muss also schon ein Massenversand über den Briefdienst der Deutschen Post gewesen sein, um so günstig das Verteilnetz nutzen zu dürfen. Dann muss der Absender irgendwo natürlich die Adresse eingekauft haben, wobei ich hier nun nichts über deren Qualität sagen werde.

Der Brief ist aber auffällig, weil er in Form und Aufmachung einem amtlichen Schreiben sehr nacheifert. Er gibt sogar vor, dass die Post selbst den Brief entsprechend "klassifiziert" hätte. Auch die Angabe " - persönlich -" und die Farbe des Umschlags haben wohl nur das Ziel, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das ist natürlich komplett erstunken und erlogen.

Die Farbwahl des Umschlags und insbesondere der innere Teil erweckt doch sehr stark den Eindruck, dass es sich hier um ein Schreiben der "Gelben Post" handelt. Auf den ersten Blick sehen auch all die Stempel, Ankreuzboxen und Codezeichen auf dem Umschlag authentisch aus. Allerdings sind sie das nicht, denn Sie sind allesamt "aufgedruckt". Da hat also niemals ein Postbote oder Absender die Kreuze per Kugelschreiber gesetzt. Auch der "Stempel FEB. 2016" ist nur ein Aufdruck. Einzig die Briefmarke und der Entwertungsstempel der Post, der mittlerweile wohl ein Tintendrucker ist, sind nachträglich aufgedruckt worden. Dennoch muss sich die Post schon mal fragen lassen, wie ernst sie es mit dem Schutz ihrer eigenen amtlichen Umschläge, Kennzeichen und Stempel nimmt.

Auch der Einleger ist komplett "gedruckt". Das Kreuz auf der A38-Checkbox, die Uhrzeit 16:25 und das Namenszeichen sind vorgedruckt und auch der Datumsstempel hat nie ein Stempelkissen gesehen. Allerdings ist der "Absender" zumindest mit dem Vor- und Nachnamen zum Domaininhaber von "ihr-domain-telegramm.de" identisch. Allerdings passt die Adresse wohl nicht mehr. Beim DeNIC ist hier die Alexanderstr 007 in Berlin hinterlegt. Da hat wohl jemand etwas viel James Bond geschaut.

Surft man die hinterlegte URL an, dann wird die Enttäuschung groß sein, denn es ist natürlich kein "persönliches" Telegramm hinterlegt, sondern die ganz normale Werbeschlacht einer Werbeagentur, die so gerne Neukunden gewinnen möchte, um für diese dann Werbung zu platzieren:

Nach zehn Werbeseiten sollte auch der letzte Adressat erkannt haben, dass Sie hier sicher kein neuartiges Telegramm der "Deutschen Post" erhalten haben, sondern nur eine Werbeaktion einer Marketing Agentur zur Qualifizierung von Adressen. Ich bin nun einfach mal gespannt, welche Mailings zukünftig an diese "Test-Adresse" zugestellt wird. Ob so eine Aktion wirklich zu neuen Kunden führt, sei mal dahin gestellt. Das Feedback im Marketing war doch deutlich verhalten und eher, dass sich die Agentur damit sogar eher disqualifiziert hat.

Es mag aber auch am Selbstverständnis liegen, wie wir mit unseren Kunden umgehen oder wer tatsächlich die Zielgruppe solcher plumpen Werbemaßnahmen sein soll. Vielleicht kann man so ein Zeitschriftenabonnement o.ä. verkaufen. Um für 28 Cent einen Brief an Personen per Post zu senden, können Sie das Modell "Dialogpost" nutzen. Für einen Brief bis 20g müssen sie gerade mal 4000 Briefe bundesweit versenden. Also dürfte das den Absender neben dem Druck gerade mal ca. 1120€ gekostet haben. Schon komisch, wie die Post hier die Privatkunden mit 70 Cent Kasse bittet.

Auch wenn es ein Postbrief war, so war er doch unverlangt zugesendet und damit Werbung oder Spam. Spamfilter gibt es dagegen aber nicht wirklich, das er erst nach Öffnung als solcher zu erkennen ist und durch den Zusatz "-persönlich-" dies normalerweise dem Empfänger vorbehalten ist. Allerdings sehe ich hier erst mal kein weiteres Risiko, denn so ein Brief enthält zumindest keinen "aktiven Code". Dazu müsste schon ein USB-Stick o.ä. beiliegen und der Empfänger das Recht haben, fremde Sticks einzustecken. Aber durch die Verwendung einer individuellen URL, die vom Empfänger eingegeben werden muss, ist natürlich auch ein "individueller Schadcode" denkbar. Die Webseite kann den Mitarbeiter ja direkt mit dem Namen ansprechen und wenn das alles wie ein "Gewinnspiel" der eigenen Firma aufgezogen ist, bin ich ziemlich sicher, dass viele Mitarbeiter eventuell doch ihre Anmeldedaten eingeben oder ein "Geschenk" herunter laden.

Hoffen wir mal, dass die Spammer von TeslaCrypt und Co nicht morgen auch damit anfangen, "Dialogpost" zu nutzen, um Anwender durch seriös aussehende Briefe dazu zu bringen, eine URL einzugeben oder einen QR-Code abzufotografieren.

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