Momentaufnahme KI

Im Sommer 2023 wurde das Thema "KI" mit der Bereitstellung von ChatGPT und anderen KIs für die Allgemeinheit zu einem großen Hype. Nun, ca., zwölf Monate danach, wage ich einen Rückblick und Ausblick.

  • Nutze ich eine KI?
    Privat: Natürlich, ich bin ja von Prinzip aus neugierig. Sowohl ChatGPT auf dem PC, Browser und Smartphone aber auch Dall-E oder Midjourney nutze ich. Auch erste Versuche mit Pytorch auf eine, Raspberry und natürlich die kostenfreie Copilot-Variante in der Bing-Suche werden ausprobert.
  • Gebe ich Geld für eine KI aus?
    Teilweise. Teams Premium habe ich erst einmal als Testversion ausprobiert und Copilot habe ich in einem separaten Testtenant genutzt, ehe ich ihn auf die produktiven Daten losgelassen habe. Gerade am Anfang gab es schon Vorbehalte, inwieweit eine KI die Firmendaten "lernt". Aber ist mir das die 30€ Copilot und 7€ Premium pro User wert? - Hier bin ich noch unentschlossen.

Wenn Microsoft und andere Firmen sehr hohe Beträge in den Aufbau von KI-Farmen investieren, dann erhoffen und erwarten Sie natürlich einen Return of Invest. Der Aktienkurs von NVidia bestätigt diese Hoffnungen aber ist keine Garantie, dass diese Wette auf die Zukunft auch aufgeht. Mir scheint dies aktuell überhitzt, wenn eine Firma über 3 Billionen Marktkapitalisierung hat (Stand 13. Jun 24), mit 26 Mrd Umsatz und 15 Mrd Gewinn eine extreme Umsatzrendite hat, aber dies beim Aktienkurz letztlich "nur" 0,005€/Aktie sind. Kein Aktionär wird mit einer solchen Dividende zufrieden sein. Also dürfte der Kurs eher Nachfragegetrieben sein, weil eine weitere Steigerung erwartet wird und den letzten beissen dann die Hunde. Aber ich bin kein Banker und in Geldfragen sollten sie nur sich selbst vertrauen.

Aber das soll hier nicht das wichtigste Thema sein und in ein paar Jahren können wir ja nochmal zurückschauen, wie sich das alles entwickelt hat.

Im Jahr 2024, Corona ist lange vorbei, laufen klassische Messen und Events wieder an. Es ist nicht verwunderlich, dass nahezu jede IT-Messe auch auch irgendetwas mit KI im Namen hat und entsprechen die "Call for Papiers"-Aufrufe der Organisatoren an die verschiedenen bekannten und weniger bekannten Referenten und Sprecher ebenso Inhalte mit KI-Bezug anfragen. Das ist nicht weiter verwunderlich, da ja die KI-Produkte genutzt werden müssen, um die Kosten wieder reinzuholen. Mit Grundlagen wie Active Directory, Entra ID, Identity-Management, Microsoft Teams, Modern Work etc. lockt man doch keinen mehr aus dem Admin-Keller zu einem Event, der sich ja auch durch die "Sponsoren" und Eintrittsgelder finanziert wird. Natürlich ist Copilot in aller Munde aber ich bin doch überrascht, dass die gleichen Personen sich nun als KI-Sprecher hinstellen und Vorträge halten, die vor einen Jahr noch Security und davor Teams und Modern Work propagiert haben.

Bei mir ist von verschiedenen Gesprächen mit Besucher solcher Events ein eher durchwachsenes Feedback angekommen. Man habe sich mehr Informationen erwartet und weniger Demos, die mit gut gewählten Prompts die passenden Ergebnisse produziert haben. Aber das seien bei Copilot ja auch so die "Low Hanging Fruits". So richtig die Killeranwendung mit Erkenntnissen aus einem realen Projekt und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen scheint es auch nach vielen Monaten noch nicht zu geben. Aber ist dem wirklich so?

Anfang Juni war ich auf einer etwas anderen Veranstaltung zu KI. Ich war einfach mal neugierig, denn der Organisator war nicht eine IT-Firma oder klassischer IT-Eventbetreiber, sondern eine lokale Wirtschaftsförderung, welche gezielt die lokalen Firmeninhaber klassischer mittelständischer produzierender Betriebe angesprochen hat, also Maschinenbauer, Werkzeugbauer, Gerätebauer und alle schon größer als der einfacher Handwerksbetrieb. Veranstaltungsort war der Besprechungsraum in einem der Partnerbetriebe und die ca. 60 Teilnehmer wurden durch Kurzvorträge eines Geschäftsführers zu eigenen KI-Erfahrung und einem Fachvortrag zu KI von einem "Forscher" informiert, gefolgt von einer kurzen Führung durch die Firma mit einem Besuch bei einem der KI-Beispiele. Das vorher noch groß präsentierte Beispiel stellte sich dann als ein Muster auf einem Rollwagen und nicht in Produktion heraus.

Die Gruppe war nach meiner Einschätzung sehr schweigsam und vielleicht fehlte es auch einfach am Verständnis. Ich habe ja schon einige KI-Erfahrungen gemacht und mich haben die Vorträge nun nicht gerade vom Hocker gerissen. Vielleicht haben auch viele Teilnehmer nur "Bahnhof" verstanden. Ich habe keinen "Funken" überspringen gesehen. Leider haben auch die Sprecher nicht die Chance genutzt, einfach mal ein Stimmungsbild durch eine Umfrage zu erhalten, z.B. wer schon mit Copilot arbeitet oder wer eigene Gehversuche mit KI/AI/ML gemacht hat. Damit wird es dann doch schwer, Anknüpfungspunkte für Diskussionen zu finden. Auf die Frage nach den Kosten kamen dann auch Antworten wie "Kostet 300€/Jahr" wobei elegant über das "pro Benutzer" hinweggegangen wurde. Sollte diese Firma wirklich Copilot nur mit einem Benutzer, quasi dem Geschäftsführer, einsetzen? Von gerade mal zwei anderen Teilnehmern habe ich erfahren, dass Sie schon mit Machine Learning (ML) experimentiert haben und eine andere Firma hat mit einem Förderprogramm des BMWK ein paar Beispiele ausprobiert. Das sind dann eher schlechte Startvoraussetzungen ohne Starthilfe.

Jetzt muss ich natürlich auf der einen Seite die "allgemeinen IT-Konferenzen" sehen, bei denen eher IT-Vorreitern für IT-Nachzügler präsentieren und indirekt auch eine Verkaufsveranstaltung für die Dienstleistung der Sprecher aber auch die Produkte der Hersteller sind. Auf der anderen Seite stehen dann die branchenspezifischen Veranstaltungen von IT-Firmen für ihre Kunden oder Interessenten.

Ich bin beim klassischen Mittelstand und produzierenden Gewerbe unterwegs, aber habe zugleich das Problem, dass ich meist mit IT-Personal spreche und weniger den Fachabteilungen, die eigentlich das Geld für die Firma verdienen. Ich denke, dass dort für eine "generative KI", wie Copilot und ChatGPT das Potential nicht direkt zu sehen ist. Viel interessanter finde ich hier das, was schon lange quasi als Vorstufe (spezielle KI, Machine Learning) gesehen wird. Damit arbeiten einige Firmen schon lange aber nur bedingt erfolgreich aber hier kann sich auf einem etwas bewegen, weil die Hardware und Tools der verschiedenen KIs nun einen deutliche Qualitätssprung gemacht haben.

Heute Copilot nutzt quasi die eigenen Daten im Tenant, um Tokens zu erstellen, mit denen dann ChatGPT schöne Antworten als „Text“ ausformuliert.

Ich bin gespannt, wie sich die KI/Copilot-Geschichte weiter entwickelt und wann das nächste Hyper-Thema die nächsten Konferenzen übernimmt. Cobilot und KI sind gekommen, um zu bleiben, aber vergessen wir dabei bitte nicht unsere Hausaufgaben.

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