VoIP für Vertrieb

Wenn Sie sich als Leser der MSXFAQ fragen, warum ich eine Seite zu VoIP erstellt habe, dann lohnt sich ein Blick auf E2K7:UM. Exchange 2007 enthält eine Komponente zu "Unified Messaging", und dazu nutzt Exchange VoIP, oder genauer SIP over TCP. Daher soll diese Seite zumindest einen Einstieg und die Komponenten erläutern um Missverständnisse zu vermeiden.

Achtung:
Voice over IP ist sehr einfach "abzuhören". nur wenn die Daten per TLS verschlüsselt oder über VLANs vom normalen Datenverkehr abgetrennt und die Endgeräte gesichert sind, dann ist es nicht mehr so einfach, die Daten abzulauschen. Ansonsten ist es erschreckend einfach, wie mit Tools wie Wireshark oder Oreka die RTP-Daten wieder zu Audiodateien konvertiert werden können.

Der VoIP-Hype

VoIP steht für "Voice over IP", also der Sprachübertragung über das Ethernet. VoIP hat aktuell aus zwei Aspekten eine hohe Aktualität:

  • Anbindung von Endkunden (DSL)
    Die Verfügbarkeit hoher Bandbreiten erlaubt auch die Übertragung von Sprache bis zum Privathaushalt. Wer daher eh schon einen DSL-Anschluss mit Flatrate hat, braucht nur noch eine kleine Box (z.B. FRITZ! Box) und schon kann man ein klassisches Telefon an das Internet anklemmen. Damit das ganze aber funktioniert, muss irgendwo im Internet natürlich zum einen ein Anmeldeserver stehen, an dem sich die Box bekannt gibt und für die Kommunikation mit anderen Teilnehmern muss es Übergänge (Gateways) zum klassischen Telefonnetz geben. Diese beide Komponenten betreiben die Internetprovider.
  • Ersatz der firmeninternen Telefonanlage
    Firmen hingegen haben eigene Telefonanlagen, die intern über eine Verkabelung zu den internen Telefonen verfügen. Das ist natürlich eine doppelte Verkabelung zum mittlerweile fast überall vorhandenen Netzwerk. Steht dann noch ein teurer Austausch oder Erweiterung der Telefonanlage an, dann kann auch hier VoIP eine Lösung darstellen.

Insofern gibt es schon handfeste wirtschaftliche Gründe, VoIP als ernsthafte Telefonanwendung zu betrachten. Wenn Sie ein Stück weiter denken, dann sind Sie dank einer Standardisierung bei der Wahl der Endgeräte und des Anbieters relativ frei und immer mehr Personen werden über VoIP dann auch über das Internet kostenfrei miteinander telefonieren können. (Die Kosten des Breitbandanschlusses sind nicht berücksichtigt).

Aber auch Mobilität ist ein Thema. Als VoIP-Teilnehmer kann ich meine Rufnummer quasi überall in der Welt "aktivieren". Sehr viele Hotels bieten ebenfalls Internetzugang zu einem festen Preis oder sogar kostenfrei an, so dass ich auch dort telefonieren kann.

Die Technik dahinter

Ich möchte nun nicht allzu tief in die einzelnen Protokolle und Codecs einsteigen. für den Anfang reicht es, wenn Sie sich folgende Dinge merken:

  • Vermittlung über SIP-Registrar
    Damit zwei Teilnehmer sich über VoIP verständigen können, müssen sie sich erst mal finden. Hierzu kommen mehrere Verfahren in Betracht. Einige Lösungen nutzen DNS mit einer Abbildung von Rufnummern (ENUM). Mein DNS-Eintrag zur Rufnummer +49 5251 304 613  würde dann 3.1.6.4.0.3.1.5.2.5.9.4.e164.arpa  lauten. Andere Verfahren nutzen zentrale SIP-Registrar-Server, bei denen ich mich mit einem Benutzernamen anmelde, und der dann von anderen Nutzern oder verbundenen Servern gefragt werden kann.
  • Sprachverbindung
    Die eigentliche Kommunikation zwischen den beiden Teilnehmern erfolgt dann direkt per UDP oder TCP. Es gibt also kein "Relay" oder eine Zwischenstation, die als Repeater o.ä. arbeitet. Knifflig wird so eine direkte Kommunikation natürlich, wenn IP-Adressen und Protokolle durch Firewalls und Router mit NAT laufen müssen. so dass eine direkte bidirektionale Kommunikation gar nicht möglich ist. Auch hinsichtlich der "Qualität" ist Sprache sehr viel empfindlicher was Laufzeitunterschiede oder Paketverluste betrifft.
  • Gateway zum anderen Netzen
    Eine Ausnahme besteht, wenn die beiden Teilnehmer nicht beide VoIP nutzen. Dann ist ein Gateway dazwischen notwendig, welches in beide Richtungen umsetzt. Solche Gateways gibt es schon länger nahezu alle VoIP-Teilnehmer nutzen diese vermutlich unbewusst. Es gibt dazu nämlich
    • VoIP zu Telefon
      Hier ist z.B. die "FRITZ! Box" ein klassischer Vertreter, welcher analoge und ISDN-Telefone in ihrem Haus "VoIP-tauglich" machen. Dieses Gateway stellt sich als VoIP Endgerät im Netz dar. Das der Lautsprecher und das Mikrofon noch einmal über analoge oder ISDN-Technik quasi verlängert angeschlossen sind. ist nicht sichtbar.
    • ISDN zu VoIP
      Hier sind Programme wie Asterisk und kommerzielle Lösungen zu sehen, die es erlauben, dass VoIP-Endgeräte über diese Gateways hinweg mit anderen Netzen kommunizieren.

Wenn Sie all das zusammenfassen, dann erkennen Sie folgendes:

Der Begriff "VoIP-Telefonanlage" ist eigentlich falsch, denn es gibt keine zentrale "Anlage" die alle Gespräche zusammenführt.

Alle Gespräche sind quasi "Peer2Peer". Es gibt aber eine Koordinierungsstelle und entsprechende Gateways. Dazu habe ich eine kleine Übersicht erstellt:

So könnte eine VoIP-Umgebung für Einzelpersonen mit "Telefonieren über Internet" aussehen. Teilnehmer 3 nutzt einen DSL-Anschluss mit einem Router, der auch VoIP umsetzen kann. Das interne analoge Telefon kann über diese Box auch VoIP Nutzen. Die Verbindung zum klassischen Telefonnetz ist ebenfalls vorhanden. Teilnehmer 1 hat ein Telefon, welches direkt einen Ethernet Anschluss für VoIP hat. Teilnehmer 2 hingegen ist an einem  Router mit NAT angeschlossen.

Jedes Telefon bzw. die Adapterbox muss ich beim Register anmelden. Erst dann hat das Endgerät eine "Rufnummer". Wählt nun ein Teilnehmer eine Rufnummer, so meldet such das Telefon über den Registerserver das entsprechende Endgerät. Ist das Ziel ebenfalls ein VoIP-Gerät, dann erhält die Anfrage die Verbindungsparameter. Das Endgerät versucht dann direkt die Gegenstelle zu erreichen.

Ist die gewünschte Rufnummer nicht über VoIP zu erreichen, dann wird das Endgerät zum Gateway verwiesen. Das Telefon baut also eine VoIP Verbindung zum Gateway auf, welches dann die Verbindung in das Festnetz oder Mobilfunknetz weitergibt. Hierfür verlangt der Provider natürlich einen Aufpreis.

Auch umgekehrt funktioniert dies. Der Provider kann einen Rufnummernbereich belegen und ihnen eine eigene Nummer geben. Sobald jemand diese Rufnummer aus dem klassischen Telefonnetz anwählt, erreicht er das Gateway. Dieses sucht nun über den Registerserver die Endstelle, um dorthin eine VoIP Verbindung aufzubauen.

Die Tücken und Fallen

VoIP ist noch relativ jung und erst die Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen und Geräten wie der FRITZ! Box von AVM haben VoIP auch massentauglich gemacht. Dennoch knirscht es immer mal wieder an der ein oder anderen Stelle, z.B.

  • Tonqualität
    Zwar funktionieren Mobiltelefone mit 9600 Baud und auch das klassische ISDN-Telefon nutzt "nur" 64kbit" als Übertragungsrate. Aber für eine gute Qualität sind nicht nur die verfügbaren Bits zur Digitalisierung wichtig, sondern vor allem die Laufzeit der Pakete und die Abweichung der Laufzeiten. Bei einem Download kann sich ein Paket schon mal verspäten oder verloren gehen. Es wird dann neu angefordert. Sprache ist aber nahe "Echtzeit", so dass Aussetzer oder auch nur eine Verzögerung um Teile einer Sekunde unangenehm auffallen. Auch der Codec sollte für die Digitalisierung der Sprache nicht lange brauchen, was speziell beim Einsatz von Kompressionstechniken nicht immer einfach ist.
  • "Quality of Service" (QoS)
    Ein wichtiger Faktor ist hier die Qualität der Leitung. Das IP-Protokoll kennt QoS-Flags um eine Priorisierung von Paketen zu erreichen.  Allerdings müssen alle Router zwischen den Teilnehmern dies auch "verstehen" und umsetzen. Da damit natürlich auch Missbrauch getrieben werden kann (wer hindert Sie daran auch HTTP und FTP zu "priorisieren") blockieren Provider solche Flags oder nutzen eigene Mechanismen (z.B. auf Basis des Ports)
  • Faxtauglichkeit
    De Übertragung von Faxseiten über das Telefonnetz nutzt auch einfach nur "Töne". Allerdings sind diese empfindlicher als das menschliche Ohr, so dass die normale VoIP-Kompression die Faxübertragung erschwert oder unmöglich macht. Es gibt daher bei VoIP verschiedene Codecs. Ihre VoIP-Anlage muss daher in der Lage sein, ein Faxgerät zu erkennen und die passende Codierung verwenden. Beim Faxeingang muss es den Codec der Gegenseite unterstützen.
  • Interoperabilität
    Da sind wir dann schon beim Thema der Codec. Nicht alle Produkte unterstützen jeden Codec und selbst wenn dies auf dem Datenblatt steht, bedeutet dies noch nicht, dass dieser fehlerfrei implementiert ist und das Gerät ausreichend Performance besitzt. Hier ist experimentieren angesagt. Dieses Problem wird sich aber alleine lösen. Eine zweite Komponente sind Zusatzfunktionen von Herstellern, die nicht standardisiert sind. SIP beschreibt zwar viel, aber Komforttelefone haben oft zusätzliche Anzeigeleuchten und Displays, die von der TK-Anlage gesteuert werden. Mangels Standard funktionieren hier natürlich nur die eigenen Systemtelefone mit voller Funktion. Allerdings sollten alle VoIP-Endgeräte zumindest das Wählen, Makeln und Weiterverbinden unterstützen.

VoIP - Lohnt sich das ?

VoIP ist nicht mehr nur eine Spielerei von Computergeeks, die über ihren PC mit Soundkarte und Headset günstig telefonieren wollen oder gar mit entsprechenden Videokameras auch Bilder übertragen, sondern mittlerweile ist VoIP ein fester Bestandteil des Telekommunikationsmarkts. Leider ist SIP nicht sehr umfassend definiert, so dass viele Hersteller ihre "Anlagen" und "Telefone" mit proprietären Funktionen erweitern können und damit eine freie Wahl etwas einschränken. Firmen, deren TK-Anlage jedoch teuer erweitert werden müsste oder demnächst sogar ausgetauscht wird, sollten jedoch genau auf den Preis, die Leistung und die Zuverlässigkeit schauen. Mit VoIP sind jede Menge dynamische unternehmen im Marktsegment "Telekommunikation" hinzu gestoßen.

Für die Privatkunden bietet sich mit VoIP oft eine einfache Möglichkeit, günstig Telefongespräche zu führen. Einsparungen wird es hier aber erst richtig geben,  wenn die Anschlussgebühr sinkt weil der klassische Telefonanschluss entfallen kann. Allerdings ist hier der Trend erkennbar, dass die Fixkosten (Anschlusskosten) hoch bleiben und die eigentlichen Verbindungskosten immer weiter sinken. Früher hat ein ISDN-Anschluss der Telekom fast das doppelte eines analogen Anschlusses gekostet. Heute ist der Abstand nur noch marginal.

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