Vermittlungsplatz

Jede größere Telefonanlage hat eine Telefonzentral bzw. "Vermittlungsplätze". Damit sind die Stationen gemeint, an denen Damen und Herren sehr viele Gespräche annehmen und intern weiter vermitteln. Oft ist dies zugleich der Empfang oder eben ein "Hinterzimmer", auf dem die zentrale Rufnummer, meist in der Form +49(1234)567-0, einer Firma aufläuft. Wie kann diese Anforderung mit Skype for Business realisiert werden?

SIP und mehrere Rufe

Technisch ist die Lösung sehr einfach zu beschreiben. Sie haben mehrere Amtsleitungen, die alle parallel mit der gleichen Nummer angerufen werden können. Diese Rufe werden per SIP an die Nebenstelle signalisiert, die dann rangeht. Es ist technisch kein Problem mehrere Anrufe auf die gleiche "Durchwahl" zu leiten. Skype for Business Benutzer kennen diesen zweit oder Mehrfachanruf und erst mit dem Update im Herbst 2016 konnte man in Skype for Business diesen Zeitanruf überhaupt erst pro Nebenstelle deaktivieren. Siehe dazu auch Busy on Busy (BoB). Ein klassisches Busy - Besetzt ist immer eine Frage des Clients.

Lösungsansätze mit Skype for Business

In Skype for Business gibt es nun mehrere Lösungsansätze mehrere parallele Anruf an eine Nummer zu organisieren. Ich habe mal drei exemplarisch aufgeführt:

  • Normale Nebenstelle mit vielen Clients
    Sie können z.B. einen Benutzer "Zentrale" anlegen und ihm einfach die entsprechende Durchwahl geben. Sie benötigen dann nur noch ein oder mehr Computer, an denen sich ein oder mehr Anwender alles als "Zentrale" anmelden und den Skype Client starten. Das ist einfach aber unschön ist dabei, dass es bei allen Personen klingelt, d.h. auch bei den Endstellen die schon im Gespräch sind. Ein serverseitige "Busy" können Sie hier nicht aktivieren, da damit auch alle anderen Personen "busy" sind. Insofern ist diese Lösung eher etwas für einen einzelnen Vermittlungsplatz.
  • Teamanruferfunktion
    Wenn die Anmeldung mehrerer Personen mit dem gleichen Namen nicht möglich ist, dann können Sie jedem Anwender ein eigenes Konto mit einer eigenen Durchwahl geben. Die eingehenden Rufe könnten Sie auf ein Konto "Zentrale" leiten, welches die verschiedenen Agenten als "Stellvertreter" definiert hat und eingehende Rufe immer auch an die Stellvertreter geht. Die einzelnen Agenten wären individuell zu erreichen aber könnten ausgehend sogar "als Zentrale" rausrufen. Eingehende rufe werden aber wieder gleichzeitig an alle Stellvertreter gemeldet und zudem können die Stellvertreter nicht selbst steuern, ob sie gerade Rufe annehmen wollen oder nicht.
  • Responsegroup
    Ideal für so eine Vermittlung sind daher die Response Groups, welche die Anrufer an die jeweils freien Agenten verteilt. Der Status der Agenten wird dabei beachtet und es klingelt nur bei Agenten, die "Frei" sind. Die Agenten können sich sogar selbst an- und abmelden. Als Client kommt der normale Skype for Business Client zum Einsatz mit dem die Agenten den Ruf annehmen und ggfls. weiter vermitteln. Allerdings hat eine Responsegroup auch immer eine "Ansatz", d.h. der eingehende Anruf wird immer vom Response Group Service angenommen. Als Betreiber können Sie natürlich eigene Ansagen etc. hinterlegen aber die Gebührenuhr des Anrufers tickt vom Anfang an. In seltenen Fällen ist dies nicht gewünscht. Für etwas Abwechslung in der Wartemusik können mehrere Response Groups miteinander "verschaltet" werden so dass bei sehr vielen Anrufen oder zu langer Wartezeit der Anrufer in eine andere Warteschlange mit einer anderen Ansage kommt oder letztlich bei einer Voicemail sein Anliegen hinterlassen oder per DTMF weitere Aktionen auslösen kann.

Unter Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte wird man ohne entsprechenden Client die Nummer eines Vermittlungsplatzes bevorzugt über eine Response Group abwickeln. Allerdings verzichten Sie dann auf die Möglichkeit, dass ein Agent mehrere Gespräche parallel bedient und Einblick die in die Queue hat. Interessant ist auch die Lösung des Problem von zurückkommenden Anrufen weil das Ziel doch nicht erreichbar ist (Stichwort Blind Transfer). Leider ist der Skype for Business Client primär ein "persönlicher Client" und nicht auf die Funktion Vermittlungsplatz optimiert. Genauso wenig sind Exchange und Outlook eine Lösung für ein CRM-Systeme, auch wenn dies gerne immer wieder versucht wird. Mit einer entsprechenden 3rd Party Software gibt es aber durchaus ansprechende Lösungen, die aber in der Regel nicht auf einer Response Group basieren sondern ein einzelnes Konto nutzen.

Der passende Client zum Vermitteln

Was aber nicht so nett dabei ist, ist dass der Skype for Business Client eigentlich nicht auf Telefonie "optimiert" ist. Sicher kann ein Anwender damit Anrufen und Anrufe annehmen aber eine Telefonzentrale möchte auch mehrere Anrufe makeln, halten, weiterleiten. Sie braucht schnellen Zugriff auf Unternehmensdaten und Namen, eventuell Kurzwahltasten und vor allem kein "Mausgeklicke". Haben Sie schon mal einer Person an der Zentrale zugeschaut, wie sie mit den Anrufen jongliert? Spezielle Telefone mit umfangreichen Statusanzeigen und Kurztasten erleichtern dem Anwender die Arbeit. Das ist die Stärke von Drittprodukten, die in den meisten Fällen sich über den Skype for Business Client legen und diesen per ComAPI ansprechen. Diese Produkte haben naturbedingt weniger Probleme mit der Cloud als Systeme, die Module auf dem Server installieren müssen.

Zudem sollten Sie auch immer eine Grenze zu einem "richtigen Callcenter" ziehen. Ein Vermittlungsplatz ist kein Callcenter und umgekehrt auch wenn es die ein oder anderen Überlappungen in der Funktion gibt. Ein Vermittlungsplatz spricht nicht lange mit dem Anrufer und Ruf quasi per Definition nicht selbst an. Er benötigt auch keine Anbindung an andere Adressbestände als die internen Teilnehmer, die über das Active Directory schon in Skype for Business bekannt sind. Trotzdem gibt es bei der Auswahl eines Vermittlungsplatzclient verschiedene Aspekte zu berücksichtigen:

  • "Aussehen"
    Sie sollten sich mehrere Produkte anschauen u die verschiedenen Arbeitsweisen und Designs zu bewerten. Es gibt sehr unterschiedliche Ansätze die Aufgabe "Vermittlung" zu läsen
  • Bedienung (Tastatur, Maus, Touch)
    Eine Komponenten ist die Steuerung der Software. Für wichtige Funktionen sind Kurztasten wichtig. Interessant sind auch Ansätze, die per Touchscreen eine visuelle Steuerung erlauben. Dann muss das aber ohne dauernde Wechsel zu Tastaturen gehen. Ich habe aber den Eindruck, dass eine Tastatur immer noch die beste "Schnittstelle" ist.
  • Suchfunktionen und Favoriten
    Der Vermittler muss schnell ein passendes Ziel finden. Wenn der Anrufer nicht den Namen kennt, nach dem man natürlich auch suchen können muss sind auch Abteilungen oder Schlüsselworte (z.B. Produkte) gute Selektionskriterien. Eine Software sollte ihre Anforderungen an die Suche unterstützen. Denkbar ist auch ein Mapping des eingehenden Anrufs auf einen Namen aus ihrer CRM, ERP-Anwendung, um den Kunden wieder zu erkennen. Das geht aber schon ziemlich in das Thema "CallCenter" ein.
  • Präsenz und Gruppenstatus
    Wenn es zu einer Aufgabenstellung mehrere mögliche Ziele für eine Weiterleitung gibt, dann sollte es möglich sein, diese Ziele als Gruppe zusammen zu fassen und auch den Status der Personen zu sehen. Wäre doch blöde bei einem "Blind Transfer" auf Personen zu leiten, die gar nicht online sind. Beim Status wäre auch interessant, ob der Anwender seinen Anschluss schon weitergeleitet hat oder z.B. "Out of Office" ist oder einen Termin hat. (Exchange Informationen)
  • Cloud / Teams
    Je mehr Firmen in Office 365 mit Skype for Business Online arbeiten oder auch mit Microsoft Teams, desto interessanter wird der Support der Lösung mit Office 365.
  • Responsegroup Support / Queue-Support
    Sich per Skype for Business Client und ComAPI am Server anzumelden ist nicht sehr schwer. Interessant ist die Bearbeitung von eingehenden Anrufen über eine Response Group. Ein Vermittlungsplatz sollte durchaus auch einen zweiten und dritten Anruf bedienen können. Das gibt die Responsegroup so aber nicht mehr, da diese den Status bei der Signalisierung mit einbezieht. Ein Agent kann auch keinen Anruf gezielt aus der RGS-Warteschlange "rausfischen", nur weil er die Nummer z.B. kennt oder der Anruf zurück gekommen ist.
  • Statistik
    Auch wenn der Datenschutz beachtet werden muss ist es für die Personalplanung wichtig zu wissen, wie viele Anrufe verarbeitet werden und wie "erfolgreich" die Vermittlung ist um den Prozess zu verbessern
  • Preis
    Nicht zu unterschätzen ist natürlich auch das Lizenzmodell. Viele Produkte sind in der Region um 1000-1500€ pro Arbeitsplatz. Das klingt erst mal viel aber in der TK-Welt sind solche Vermittlungsplätze in ähnlichen Regionen oder teurer. Es gibt eben nur wenige davon und das wirkt sich auf den Preis aus.

Sie haben sicher noch weitere eigene Bewertungskriterien.

Produkte

Ich habe leider nicht immer die Zeit alle Produkte zu evaluieren und die Beschreibung aktuell zu halten. Solange es sich um "Client only"-Produkte handelt, können diese einfach installiert werden. Einige Herstellern bieten eine Evaluierung für einen gewissen Zeitraum oder begrenzen die Dauer der Verbindung. Für einen Test reicht es meistens aus und den sollten Sie auch nutzen. Ich bin für weitere Links und Feedback offen

Die Liste ist sicher nicht komplett und es gibt noch sehr viel mehr "Attendant"-Lösungen.

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