Mails zurückrufen

Die in Exchange und Outlook vorhandene Funktion "Nachricht zurückrufen funktioniert meist nur innerhalb der Exchange Organisation. Über Organisationsgrenzen hinaus muss sichergestellt sein, dass die Partner per RTF-Mail miteinander kommunizieren können.

E-Mail funktioniert vergleichbar wie die klassische Briefpost: In dem Moment, wenn der Brief im Briefkasten verschwindet ist es fast nicht mehr möglich, einen Brief ungeschehen zu machen oder zurück zu rufen. Es gilt: "Gesendet ist gesendet". Diese Aussage ist bei E-Mails aber nur bedingt richtig, da es technisch sehr wohl möglich ist, einen Brief zurück zu rufen, auf dem Transport zu filtern oder beim Empfänger zu löschen. Allerdings sind entsprechende Berechtigungen und Hilfsmittel dazu erforderlich.

Warum eine Mail ungeschehen machen ?

Ein Rückruf oder oder Blockade kann aus mehreren Gründen interessant sein:

  • Falschadressierung
    Besonders die Outlook Vorschlagfunktion führt oft zu "falschen" Empfängern
  • Veruntreuung von Informationen
    Bestimmte Informationen sollen das unternehmen noch nicht verlassen
  • Überlastung von Systemen/Kosten
    Eine Mail an "Alle" (z.B. Licht brennt) würde man gerne ungeschehen machen
  • Verfallszeit von Informationen
    So sind Veranstaltungseinladungen nach dem Ende nicht mehr interessant. In Firmen wäre es daher hilfreich solche "ungelesenen Mails" von Mitarbeitern im Urlaub etc. wieder zu entfernen

Sicher fallen ihnen oder der Geschäftsführung noch andere Anwendungsfälle ein. Doch welche Optionen gibt es und an welcher Stelle können Sie eingesetzt werden ?

Wo kann ich eingreifen und welche Einschränkungen gelten ?

Eine Mail ist immer eine Information, die von einem Absender an ein oder mehrere Empfänger übertragen wird. Datei spielt der Client des Absenders (UserAgent uA), der Mailserver des Senders (MTA), der Übertragungsweg (Transport, SMTP), der Mailserver des Empfängers, der dortige Speicher und der Useragent des Empfängers eine Rolle. An allen Stellen sind Eingriffe mit unterschiedlichen Beschränkungen möglich.

Mailfluss

Bei all den Eingriffen muss man natürlich zum einen rechtliche Voraussetzungen und die Auswirkungen auf den Anwender berücksichtigen. Wie vertrauenswürdig erscheint einem Anwender ein Mailsystem, in dem eine Mail wieder verschwindet ?. Zudem gibt es Besonderheiten, die einen Rückruf erschweren oder vereiteln, z.B.

  • Fremder Hoheitsbereich
    Sie können vielleicht in ihrem lokalen Mailserver Mails an interne Empfänger wieder entfernen lassen, aber es dürfte unmöglich sein, in fremden Firmen eine solche Löschanforderung zu erzwingen.
  • Journalarchiv
    Viele Firmen nutzen Archiv und Journalsysteme, um Mails revisionssicher aufzubewahren. Selbst wenn Sie die Mail im Postfach entfernen könnten, bleiben Spuren oder Kopien erhalten.
  • POP3, PST-Dateien
    Viele Anwender lassen die Mails nur kurz auf dem Mailserver und laden diese z.B. in lokale PST-Dateien herunter. Besonders bei Zugriffen per POP3 ist es der Regelfall, dass die Mails vom Server entfernt und lokal gespeichert werden.
  • Blackberry und Pushmail
    Durch Synchronisationslösungen werden Mails sehr schnell direkt zum Empfänger übertragen, so dass dieser die Mail schon in der gleichen Minute lesen kann. Jeder Rückruf kommt hier zu spät, da die Mail schon gelesen ist.

Insofern ist ein Rückruf von Mails, die das unternehmen schon verlassen haben, auf die Mitarbeit und den guten Willen des Empfängers angewiesen und da hilft es auch nur wenig, wenn Firmen lange Disclaimer wie diesen addieren:

Die rechtliche Bindung solcher Disclaimer ist zumindest fragwürdig und durch den Anwender teilweise gar nicht umsetzbar (Archiv) bzw. zulässig (Revision, Journal).

Einer Firma bleiben daher drei Optionen, fehlgeleitete Mails zu verarbeiten:

  • Rückruf durch den Client
    Outlook unterstützt eine Rückruffunktion, die bei entsprechender Unterstützung auf dem Ziel ein Rückruf oder Ersetzen einer Mail erlaubt:
    Outlook Rückruf
    Der Empfänger muss aber damit einverstanden sein, diesen Automatismus unterstützen und ein Mittel gegen eine Kopie dieser Mail durch eine Weiterleitung oder ein Archiv ist dies nicht. Diese Funktion ist daher eigentlich nur intern in einer reinen Exchange/Outlook Umgebung möglich.
  • Steuerung auf dem Transport
    Über Exchange 2007 Transportregeln lassen sich Filter konfigurieren, die Mails mit bestimmten Inhalten oder zwischen bestimmten Kommunikationspartnern reglementieren. Sofern Fehler vorher definiert werden, können z.B. vertrauliche Informationen nach extern verhindert werden. (z.B. Namen zukünftiger Produkte im Betreff). Dies funktioniert natürlich nicht mehr rückwirkend und hilft nicht bei verschlüsselten Nachrichten.
  • Löschen aus dem Store
    Zuletzt besteht zumindest für Postfächer, die in der Firma selbst betrieben werden, ein Zugriff auf die Mails des Mailservers. Über verschiedene Schnittstellen ist es möglich, auch nach der Zustellung der Mails diese wieder aus dem Postfach zu entfernen. Auch hier gelten die Einschränkungen, dass die Mails in der Zwischenzeit vom Anwender schon gelesen, exportiert, weitergeleitet oder gelöscht worden sein könnten

Löschen aus dem Postfach

Da die Rückruffunktion eher ungeeignet ist und Filter auf der Transportschicht nur für zukünftige Nachrichten wirken, ist der direkte Zugriff auf den Postfachspeicher zumindest für interne Nachrichten ein interessanter Weg, solche Nachrichten ungeschehen zu machen

Das Löschen einer zugestellten Mail von einem Teil der Anwender bemerkt und hinterfragt werden könnte. Der Schaden einer solchen Aktion ist nicht zu unterschätzen, da bei intensiven Gebrauch die Akzeptanz eines Mailsystems darunter leiden wird. Der Einsatzzweck sollte also klar umrissen und die Anwender über die "Vorteile" informiert werden, die ein zentrales Management von Mails erlaubt.

Es gibt viele konkrete Beispiele, die einen solchen zentralen Eingriff auch für Mitarbeiter verständlich und interessant macht z.B. dass eine Firma natürlich Mails die länger ungelesen bleiben, gerne eskalieren möchte (zumindest wenn es keine privaten Mails sind, welche aber per Betriebsvereinbarung untersagt sein können), oder das veraltete Informationen durch neue Daten ersetzt werden können (z.B. Firmen-Termine im Kalender, veraltete Ankündigungen). Hier ist aber mit Fingerspitzengefühl abzuwägen, wie viel Zeitersparnis der individuelle Mitarbeiter durch solche "zentrale Agenten" hat und wie schwer der Verlust falscher oder veralteter Informationen wiegt.

Es gibt verschiedene Wege, Elemente aus Postfächern zu entfernen:

ExMerge

Schon seit Exchange 5.5-Tagen ist das Tool EXMERGE den meisten Administratoren bekannt, um komplette Postfächer aus Exchange zu exportieren und wieder zu importieren. Hierbei gibt es aber auch die Funktion, die zu exportierenden Elemente nach Betreff und Anlagen zu filtern und nach dem Export zu löschen. Über diesen Umweg können in Grenzen bestimmte Inhalte selektiert und gelöscht werden. EXMERGE funktioniert auch mit Exchange 2007, auch wenn dies offiziell nicht bestätigt ist.

Export-Mailbox

Seit Exchange 2007 gibt es das EXPORT-MAILBOX-Commandlet, welches Inhalte eines Postfachs in ein anderes Postfach oder eine PST-Datei migriert. Über den optionalen Parameter "-DeleteContent" werden aber die gerade exportierten Inhalte in der Quelle gelöscht. So könnte folgende Zeile alle Mails mit dem angegebenen Betreff entfernen

get-mailbox | export-mailbox ´
    -TargetMailbox "rueckrufmails@fima.tld"
    -SubjectKeywords "Geheime Daten"
    -DeleteContent

Sie sind aber auch die "Filterfunktionen" von Export-Mailbox beschränkt. Das Zeitfenster können Sie über "-StartDate" und "-EndDate"-beschränken. Auch die Angabe von Schlüsselworten im Body ("-AllContentKeywords") oder Anlagen ("-AttachmentFilenames") ist möglich.

Antivirus Anwendung

Sehr viele Antivirenprodukte erlauben die Definition eigener Sperrlisten. Abhängig vom Produkt kann es möglich sein, gezielt Mails als "unerwünscht" zu definieren und analog zu einem Virus aus dem Postfach löschen zu lassen. Diese Funktion hat zudem den Vorteil aber auch Nachteil, dass Sie auch permanent aktiv ist, d.h. auch neue Mails (Weiterleitungen etc.) gefiltert werden.

Eigene Skripte

Natürlich ist es möglich, über die von Exchange angebotenen Schnittstellen (CDO, MAPI, WEBDAV, EXOLEDE, WebService) mit eigenen Programme auf Postfächer und ganze Server zuzugreifen, um mit sehr viel umfangreicheren Bedingungen Mails zu entfernen. Zwar steht hier der Aufwand einer eigenen Entwicklung an. Dafür sind Möglichkeiten gegeben, die die Bordmitteln nicht angeben.

Wenn z.B. die Position der Mail im Posteingang klar ist, dann kann eine gezielte Iteration durch alle Posteingänge schneller die unerwünschten Inhalte entfernen als eine Rekursion durch alle Ordner aller Postfächer, wie dies z.B. EXMERGE und Export-Mailbox machen.. Als Basis kann z.B. Feiertage oder MBReport dienen, welche als VBScript durch die gegebenen Postfächer laufen und Inhalte addieren oder berichten. Der Schritt zum "Delete" ist nur eine weitere Zeile.

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