Teams Video Qualität

Seit Covid-19 haben Video-Konferenzen stark zugenommen und die einfache Webcam im Notebook-Deckel wurde genauso schnell durch eine bessere Kamera ersetzt wie auch die Beleuchtung des Raums und der Hintergrund optimiert wurde. Auf dieser Seite möchte ich aber auf die technischen Beschränkungen von Video-Konferenzlösungen eingehend, die speziell in Sondersituationen zum Tragen kommen. Denke Sie an die Präsentation oder Analyse eines Bauteils per Video oder die Nutzung analoger Quellen wie Whiteboard, Dokumentkamera etc.

Das Bewegt-Bild

Die Meeting-Technik hat in den letzten Jahren starke Fortschritte gemacht. Von der schmalbandigen Telefonkonferenz über HD-Audio mit Voice, teils sogar Stereo in Konferenzen werden heute Video-Bilder übermittelt. Dabei müssen wir aber immer im Hinterkopf behalten, was Video in Realität eigentlich bedeutet.

  • FullHD wäre nett, 4k gewünscht
    Die meisten Monitore und Bildschirmen haben mindestens 1920x1080 oder mehr Pixel und natürlich wünschen sich die Anwender auch eine vollständige Ansteuerung. Dabei wird gerne vergessen, dass die wenigsten Konferenzteilnehmer ein Teilnehmerbild im "Vollbild" anschauen. Entweder wird eine Präsentation oder Bildschirm geteilt und die Videos sind am Rand oder aus. Selbst bei Video-Only werden die Bilder dann 2x2, 3x3 o.a. zusammengesetzt.
  • Codecs für "Filme" sind auf Filme optimiert
    Damit zwei Stunden "Kinofilm" auf eine DVD passen und die Abspieler günstig sind, wurde der MPEG-Codec auf "Movies" optimiert, z.B. indem bei Kameraschwenks nur die Bewegungsvektoren übertragen werden und wenn in einem Spielfilm nur die Akteure sprechen oder sich leicht bewegen, können unveränderte Bildbestandteile wegkomprimiert werden. Die Codierung konnte ruhige lange dauern und CPU-intensiv sein aber bei der Decodierung kam es auf jeden Cent an.
  • Framerate
    Bei Spielen muss die Bildrate maximal sein und wer auf einem Smartphone scrollt, merkt eine hohe Bildrate an einer "sanfteren" Bewegung. Mit 30 Bildern/Sek ist die Wiedergabe schon flüssig. Kinos und BlueRay nutzen meist 24 Bilder/Sek. NTSC-Fernsehe hatten 30fps und einige System "verdoppeln" die Rate künstlich, indem sie selbst Zwischenbilder berechnen.

Wenn Sie all das zusammenfassen, dann kann ein Video-Codec die Datenmenge stark komprimieren. Denn ein HD-Bild mit 1920x1080 sind 2Mio Pixel, welcher durch 3 Byte (RGB) abgebildet wird. Damit kommen 6 Megabyte pro Bild an und bei 30 Bildern/Sek sind das 180 Megabyte oder 1,8 Gigabit, die auf dem Netzwerkkabel durch den Overhead zunehmen. Leider sagt aber allein die Auflösung nichts über die sichtbare Qualität, denn neben der Aufnahme an der Quelle müssen auch bei der Übertragung Kompromisse eingegangen werden.

Kompression und Streams

Diese immense Datenmenge muss im schlimmsten Fall durch jeden Client von der Webcam abgelesen und komprimiert werden. Heute machen diese Arbeit die besseren Webcams schon zumindest teilweise alleine. Das hilft der CPU aber nicht immer, denn Zusatzfunktionen (Greenwall, Hintergrund-blur etc.) erfordern schon wieder eine Transformation der Bilder. Ist die Funktion Teams Hintergrund aktiv, dann kann dies zusätzlich die Bandbreite einsparen, da dann einfach die bewegten Anteile übertragen werden aber die Stellen mit dem Hintergrund statisch sind. Auch nutzen Konferenzsysteme heute nicht mehr den alten DVD-Codec, der quasi immer mit der gleichen Auflösung arbeitet sondern die Bilder werden zurechtgeschnitten, herunter gerechnet und in mehrere Streams zerlegt.

Wenn ich z.B. meinen Monitor mit 2560x1440 Pixel "share", dann muss Teams das Bild auf 1920x1080 umrechnen, ehe es dann versendet wird. Das geht auch auf die Qualität.

Speziell mit H.264SVC bedeutet dies, dass ein Client mehrere Streams sendet, die aufeinander aufbauen und die MCU leitet einfach die Datenströme weiter, die die jeweiligen Empfänger bekommen wollen und aufgrund der Netzwerkkapazität möglich ist. Gerade in der Anfangszeit von Covid-19 hat Microsoft angeblich die Maximalbandreite pro Teilnehmer auf 1 Megabit beschränkt aber mittlerweile wieder gelockert. Bei einem Microsoft Live Event sehen Sie sogar schön die Bandbreite nach Auflösungen:

Bei Skype for Business war anfangs sowieso nur 720p möglich und auch hier hat die MCU gesteuert, was gesendet wurde. Wenn eh niemand einen HD-Stream betrachtet hat, dann wurden die Teilnehmer angewiesen, kein HD zu senden. Es mussten wohl sogar mehrere "Betrachter" einen HD-Stream anfordern, damit der Sender auch HD aktiviert.

FullHD <> Qualität

Aber selbst wenn "FullHD" übertragen wird, ist das noch kein Qualitätsmerkmal, denn FullHD bedeutet erst einmal nur, dass ein Bild mit 1920x1080 Pixel und eine passablen Framerate übertragen wird. Aber FullHD stellt keine Aussage zu die Qualität dar, denn die Bitrate ist nicht angegeben. Sie finden im Internet z.B. unterschiedliche Aussagen der verschiedenen Streaming-Anbieter zum Bandbreitenbedarf. Hier ein Auszug, wobei einige ein "Bis zu" angeben, denn die effektive Datenrate hängt natürlich vom Inhalt ab. Beachten Sie bei "Streaming" auch die größeren Puffer, d.h. der Abspieler speichert einige Sekunden um schwankende Bandbreiten auszugleichen und auch hier kann der Codec gewechselt werden.

Streaming Anbieter SD
HD
(720p/1080p)
UltraHD
(4k)
Codecs Bemerkung/Links

MagentaTV

4 MBit/Sek

9 MBit/Sek

28 MBit/Sek

H.264
H.265

NetFlix

3 MBit/Sek

5 MBit/Sek

25 MBit/Sek

 

Amazon Prime

0,9 MBit/Sek

3,5 MBit/Sek
10 MBit/Sek

15 MBit/Sek

 

Joyn

3 MBit/Sek

7 MBit/Sek

 

 

Waipu

6 MBit/Sek

16 MBit/Sek

15 MBit/Sec

H.265
VP9

Zattoo

3 MBit/Sek

5 MBit/Sek
8 MBit/Sek

 

H.264
HEVC/H265

Die Bandbreite ist ein guter Indikator, viel viele Details wegoptimiert werden. manchmal habe ich den Eindruck, dass selbst 720p hochgerechnetes SAT-TV-Stationen besser aussieht als "FullHD" per Streaming im Privatfernsehen.

Vergleichen Sie einfach mal die "FullHD"-Bandbreiten dieser Streaming-Anbieter mit den 1,5-2 MBit, die Teams aktuell nutzt. Das kann nur mit dem Wegfall von Details erreicht werden. Allerdings ist Streaming (1:N) nicht mit einer Konferenz zu vergleichen, bei denen es viele individuelle Streams gibt.

Der H.264 Codec kennt unterschiedliches "Profile" und "Level", die eigentlich über die Qualität und Bitrate bestimmen. Das ist etwas wie JPEG-Bilder mit unterschiedlichen Kompressionsstufen.

Content-Video optimieren

Wenn Sie nun Informationen "als Video" übertragen wollen, die eigentlich ein Standbild ist oder mit einer Content-Kamera aufgenommen wird, dann erkennt Teams das so erst einmal nicht als "Bild" sondern überträgt es als normales Video. Wenn Teams einen Kopf erkennt und Background-Blur aktiv ist, dann wird das Bild auch transformiert.

Bei einer Dokumentkamera ist es daher wichtig, dass das Bild wirklich "ruhig" steht und möglichst wenig strukturiert ist. Am besten schreiben Sie auf einer weißen Fläche und nicht auf kariertem Papier. Auch die Beleuchtung sollte es der Kamera einfach machen, die Informationen klar zu erkennen. Ein Autofokus kann gut funktionieren aber wen die Kamera schräg das Bild erfasst, sind Unschärfen deutlicher, je größer die Blende aufgrund zu wenig Licht ist.

All das kann aber nicht immer ausreichend sein, um das Bild ausreichend gut zu übertragen. Dann gibt es aber noch weitere Optionen, Sie die ausprobieren können

"Spotlight"-Mode: Wenn Sie das Bild der Kamera in den "Spotlight"-Mode nehmen, dann soll laut Microsoft die Übertragung dieses Bildes priorisiert werden. Ich habe allerdings keine signifikanten Unterschiede feststellen können.

Interessanter finde ich den Weg, statt eines Videos einen Desktop zu teilen. Wenn ich in Teams-Besprechungen meinen Bildschirm mit z.B. einer Excel-Datei teile, dann kommt das Bild sehr gut rüber, wie hier ein Ausschnitt zeigt.

Daraus leite ich nun ab, dass auch ein "Foto" auf meinem Bildschirm vermutlich deutlich besser bei den anderen Teilnehmern ankommt, als ein "Streaming Video". Womit sich die Frage stellt, wie ich ein "gutes" Bild von einer Webcam abfotografiere und auf dem Bildschirm anzeigen.

Randbedingungen

Für alle nachfolgenden Tests galt:

  • PC am LAN und genug Bandbreite
    Es gab für Teams zu keinen Zeitpunkt den Bedarf die Qualität aufgrund von Bandbreitenbeschränkungen zu drosseln. Teams hat auch ca. 1,5-2 Megabit genutzt
  • Webcam-Auflösung statisch
    Ich habe in allen genutzten Programmen die Auflösung auf "FullHD 1920x1080 mit 30fps" eingestellt. Nur in Teams selbst gibt es hier keine Einstellmöglichkeit.
  • Autofokus
    Die Webcam war eine Microsoft Studio mit Autofokus, die eigentlich ganz gute Bilder liefert und aufgrund des einfachen Testobjekts sollte es auch keine Probleme gegeben haben
  • XXL-Bildschirme
    Alle Monitoring zur Anzeige und Aufnahme der Bilder hatten UHD, d.h. konnten 1920x1080 im Vollbild anzeigen und die Ausgaben wurden im Vollbild angezeigt
  • Bildschirmfotos
    Alle Bilder wurden einfach mit "ALT-DRUCK" angefertigt und als JPG mit 90% Qualität gespeichert, so dass kein Browser damit Probleme haben sollte. Ich habe keine "sichtbaren" Verschlechterungen gesehen. Die Bilder wurden auch nicht skaliert oder verkleinert und sind daher nicht alle identisch groß.

Damit konnte es dann losgehen.

Microsoft Kamera und App-Freigabe

Auf jedem Windows 10 PC ist das "Kamera"-Programm enthalten, welches von einer Webcam ein Bild oder Video laden kann.

Kontrollieren Sie die Einstellungen, dass Sie wirklich die hohe Qualität aufzeichnen.  Dann können Sie einfach den Inhalt einer Webcam auf ihrem eigenen Bildschirm anzeigen lassen und in Teams als "App freigeben".

Microsoft Kamera App macht ein Foto mit der Webcam

Microsoft Kamera App Video-Ausschnitt mit der Webcam

Teams gibt "Microsoft Kamera App" als Desktop frei - Edge-Broser zeigt an

So schlecht ist die Bildqualität nicht aber sicher könnte die Ausleuchtung noch besser sein.

Auch die Aufnahme und Widergabe als Video hat das Bild nicht verschlechtert

Obwohl es eine "DesktopFreigabe" mit einem quasi "Standbild" ist, wird das Bild schon matschiger.

Damit habe ich indirekt auch bewiesen, dass zumindest bei diesem Beispiel die Übertragung von Bildschirmfreigaben nicht verlustfrei ist. Vielleicht kommt aber ein anderer Codec zum Einsatz. Leider liefert Wireshark keine detaillieren Informationen:

Aber wir kennen damit schon etwas die Einschränkungen des Desktop-Sharing hinsichtlich der Qualität.

Video mit Spotlight

Der nächste Test nutzt nun einfach mal die Videoübertragung mit und ohne Spotlight.

Teams Webcam Edge Anzeige ohne Spotlight Edge Anzeige mit Spotlight

Ich kann hier keinen Unterschied feststellen. "Wunder" kann man von Spotlight zumindest nicht für Webcams erwarten.

OBS Studio

Nun gibt es ja auch noch die Software "OBS-Studio, welches die Bilder einer Webcam aufnehmen, anpassen und sowohl auf einen Kontrollbildschirm ausgeben kann als auch wie eine virtuelle Webcam aussieht. Teams zeigt die virtuelle Webcam an und wenn OBS keinen Stream sendet, dann steht ein "Testbild" Bereit. Dies hier ist die Ausgabe auf dem Edge-Browser, d.h. eines Teilnehmers im Meeting.

 

Es sind wenige kleine Artefakte zu sehen. Das Setup sah dann so aus, dass ich mit OBS die Webcam eingefangen und als virtuelle Webcam an Teams übermittelt habe.

OBS Studio
Eingangssignal

Edge Anzeige 
30 fps
Edge Anzeige 
10 fps
     

Die Ergebnisse sind nicht wirklich besser. Selbst wenn ich die Videorate auf 10 fps senke, ändert sich nichts. Allerdings gibt es in OBS noch eine zweite Option, mit der die Ausgabe angepasst werden kann.

Ich habe hier eine fps-Rate von 1/2 d.h. alle 2 Sekunden ein Bild, eingestellt. Das Bild selbst ist nicht wirklich besser geworden:

 

Aber die Übertragungsrate hat sich verändert. Sie können quasi geradezu sehen, wie Teams hier am Anfng jede zweite Sekunde ein "Frame" sendet. Ich habe dann die virtuelle Webcam gestoppt und OBS hat sein "Pausenbild" wieder mit 30fps gesendet.

 

Der letzte Abschnitt sind sogar nur 1/5fps. Wenn eine Kamera also deutlich weniger fps liefert, dann übernimmt Teams anscheinend die Einstellungen und sendet weniger Frames aber leider erhöht Teams nicht die Qualität.

Alternative: Streaming

Gerade im produzierenden Gewerbe könnte Teams bei der Wareneingangskontrolle oder der gemeinsamen Begutachtung von Teilen nützlich sein. Es gibt hier den Fachbegriff "Schadteiltische", auf dem in der Produktion oder dem Wareneingang die Teile platziert werden, die nicht den Anforderungen entsprechend. Das kann bei der internen Fertigung und Übergabe in die nachfolgende Abteilung sein aber auch Teile im Wareneingang von Lieferanten. Hier ist das "Gesicht" einer Person nicht so wichtig wie eine möglichst qualitativ hochwertige bildliche Darstellung. Die Nutzer erwarten eigentlich zurecht eine Qualität, die einer Werbung im Fernsehen nicht viel nachstehen sollte. Das ist aktuell aber mit Teams so nicht umsetzbar, solange Teams alles auf 1080p beschränkt und aufgrund der Brandbreitenlimits auch nicht höher geht. Damit kommen wir dann aber schon mal an die Bandbreite und das ist bei "FullHD schon mal "bis zu 6MBit" und bei 4k Inhalten entsprechend mehr.

Da hilft ihnen auch keine 4k Webcam wie z.B. eine Logitech Brio, mit der das Bild entweder auf 1080p herunter gerechnet wird oder Sie nur einen Ausschnitt der hohen Auflösung (Tilt, Pan, Zoom) ohne mechanische Bewegung auswählen.

Ich bin sicher, dass Teams, Zoom und andere Produkte sehr bald auch höhere Auflösungen oder bessere Qualität bei FullHD bereitstellen können aber der Bedarf ist bei einem "normalen Konferenz-Video" einfach nicht groß genug. Hier ist der Content, meist also die PowerPoint, wichtiger als das Bild. Wer denn noch sehr gute Bilder an die Teilnehmer übertragen will, kann mit Teams weiterhin das normale "Meeting" abhalten aber über einen zweiten Kanal das "UHD"-Bild bereitstellen. Dazu gibt es mehrere Streaming-Anbieter im Internet und lokale Produkte (OBS, VLC-Player etc.) die einfachere Streams bereitstellen können.

Denken Sie aber immer an die Bandbreite und die Medienpfade und das Aufnahme-Equipment

Zwischenstand

Microsoft Teams ist eine leistungsfähige Konferenzlösung aber noch keine "Werbe-Plattform", mit der Firmen ihren Teilnehmern Filme und Produkte in höchster Qualität anbieten können. Bei Bewegt-Bildern fallen die "Unschärfen" gar nicht so groß auf, aber wenn Sie per Videokamera z.B. Schrift auf einem Whiteboard, Konstruktionszeichnungen auf einem Blatt, Pläne an einer Wand oder reale Bauteile anzeigen wollen, dann kommen Sie mit der einfachen PC-Technik nicht weiter.

Es muss aber nicht immer 4K oder UHD sein. Die meisten Fernseh-Sendungen (mit Werbung) werden mit FullHD ausgestrahlt und dies reicht meist sogar aus, wenn, ja wenn das Bild gut aufgenommen wird und der passende Codec das gelieferte Bild nicht vermatscht.

Leider hat Microsoft Teams noch keinen speziellen Mode, bei dem Qualität statt Framerate zählt. Wer einen Kratzer im Blech oder falsche Abmessungen demonstrieren will, hat früher schon ein "Bild" gesendet und würde es heute auch tun. Vielleicht bringt Teams irgendwann auch einmal die Funktion einer "Standbild"-Übertragung. Bis dahin müssen wir halt tricksen.

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