Teams und 3rd Party Konferenz

Es gibt zwar viel Hersteller von Konferenzprodukte aber die großen Anteile dürften Microsoft, Cisco und Polycom haben. Gerade Polycom und Cisco (mit Tandberg) schon lange dedizierte Konferenzsysteme verkauft und betrieben. Wie passen diese Systeme in eine PC-gestützte Konferenzhardware, Cloud-Dienste und Microsoft Teams?

Vorgeschichte

Meine ersten Kontakte mit Konferenzsystemen waren Tandberg MCUs oder Polycom-Systeme mit 4x ISDN-S0-Anschluss, um gebündelt über 8x64kbit =512 KBit Videokonferenzen zu betreiben. In der Zwischenzeit haben sich die Systeme weiter entwickelt, die Kameras wurden besser und die Bildschirme größer. Die früheren Rückwand-Beamer sind mittlerweile LCD-Monitore und die sündhaft teuren Konferenzbrücken, die mehrere Videoströme mit DSPs (digitale Signalprozessoren) in Echtzeit decodiert und wieder neu encodiert haben, sind heute überflüssig geworden, weil Videoströme per H.264SVC einfach geswitched statt umcodiert werden und heutige CPUs und GPUs mit der Vorverarbeitung der Bilder in Webcams ein vielfaches der Leistung bereitstellen.

Dennoch gibt es auch heute noch einen großen Markt für "richtige" Konferenzsysteme. Wenn Sie einmal versucht haben, einen mittleren Besprechungsraum sehr gut mit Audio und Video auszustatten, dann erkennen Sie schnell die Grenzen einer USB-Webcam, eines Speakerphone auf dem Tisch und einem klassischen PC. Es gibt schon einen Markt für die verschiedenen Geräte, die auch für Microsoft Teams verfügbar sind.

Neben den Systemen von Microsoft gibt es natürlich auch Systeme von Yealink, Lenovo, HP, Polycom und anderen Herstellern die sich nahtlos in Microsoft Teams und früher Skype for Business einbinden.

Teams ist aber nicht alleine auf dem Markt und insbesondere Cisco hat mit WebEx zumindest im Bereich der Audio/Video-Konferenzen nicht nur eine PC- und Cloud-basierte Lösung sondern verkauft auch dedizierte Hardware, um Arbeitsplätze oder Konferenzräume auszustatten. Einige Dritthersteller wie z.B. Poly fahren sogar zweigleisig, d.h. deren Systeme und Endgeräte können mit Teams und Cisco genutzt werden.

Das mag für einfache Peripherie-Geräte wie Webcams, Mikrofone, Lautsprecher und Headsets noch einfach sein. Aber auch dedizierte Konferenzgeräte sind dabei

Wettbewerbssituation

Damit kommen wir immer wieder in die Situation, dass eine Firma vielleicht Teams nutzen möchte aber zurecht fragt, wie Sie vorhandene Cisco-Geräte z.B. integriert. Aber auch die Gegenrichtung wird immer wieder nachgefragt, wie z.B. ein Teams-Teilnehmer in einer Cisco-dominierten Umgebung sich bewegen kann. Im Gegensatz zu Teams haben Firmen oft viel Geld in Konferenzräume gesteckt, die mit hochwertigen Cisco-Geräten ausgestattet sind aber nun merken, dass Microsoft Teams eben doch mehr als etwas Chat und Konferenz ist. Wenn Sie dann auf die Suche nach Cisco und Teams gehen, dann landen Sie auf sehr unterschiedlichen Seiten. Cisco hat ihre Produkt um den Begriff "Teams" erweitert, was die Suche nicht einfacher macht.

Auf der einen Seite vergleicht Cisco ihre Produkte mit Microsoft Teams aus einer Wettbewerbssicht:


Quelle: Continuous Teamwork Anytime, Anywhere  https://www.cisco.com/c/dam/en_us/solutions/collaboration/docs/cisco-webex-teams-solution-overview.pdf

Ähnliche Vergleiche gibt es natürlich auch von anderen Herstellern, die ihre Lösung positiv gegenüber Teams darstellen. Im Bereich "Konferenzen" gibt es durchaus einen aktiven Wettbewerb mit Microsoft Teams.

SidebySide

Auf der anderen Seite wird eine "Working Together"-Versprechen gegeben, was aber letztlich die Integration von WebEx in Teams und Outlook ist

Microsoft Teams Integrated into Webex Meetings
https://www.youtube.com/watch?v=8dB7jQaF44E

Damit können und dürfen die Anwender in Teams z.B. ganz normal chatten, ihren Status veröffentlichen und in Teams und Kanälen auch zusammenarbeiten aber die Konferenzfunktion von Microsoft Teams soll möglichst durch WebEx ausgefüllt werden. Der Anwender hat dann neben Microsoft Teams auch den WebEx-Client auf dem PC und wie problemlos der Betrieb zweiter Systeme funktioniert, die sich um das gleiche Headset und Kamera streiten, kann ich mir schon lebhaft vorstellen. Diese Koexistenz hat schon mit Skype for Business und Teams im Island-Mode auf dem gleichen PC nur mittelprächtig funktioniert.

Schon bei Lync/Skype hat Cisco einen "CUCIMOC" oder "CUCILYNC" getauften hack verbreitet, mit dem die Anwender den Microsoft Client für IM und Chat genutzt haben aber alle VoIP-Funktionen über den Cisco Call Manager gelaufen sind. Teams basiert auf Chromium und JavaScript aber kann durch Apps einfach erweitert werden. Cisco muss seine Lösung quasi nur als "Webseite" bereitstellen, um diese in Teams einbinden zu können. Es gibt aber Grenzen in der Integration, denn es betrifft nach meinem Wissen nur die Meeting-Funktion über Webex aber natürlich keine Telefonie-Funktion. Weiterhin löst dies nicht das Risiko, dass jemand über Teams ein WebEx-Meeting startet und dennoch weitere 1:1 Anrufe in Teams ankommen. -> Headset-Battle.

Mit der Integration in den Teams Client kann Cisco natürlich nicht nur seine Konferenzdienste aus der Cloud sondern auch die dazu passenden Hardware-Geräte in Konferenzräumen oder sogar auf Büroarbeitsplätzen und vielleicht noch die Cisco Telefonie beim Kunden platzieren. Cisco möchte wohl bei ihrer Reise nicht nur mitfahren sondern am liebsten auf dem Fahrersitz sitzen.

Better together: Interop

Wenn Sie aber schon zwei oder vielleicht sogar mehr Konferenzsysteme nutzen oder zwei Firmen mit unterschiedlichen Systemen dennoch zusammen arbeiten wollen, dann gibt es durchaus weitere Optionen, bei denen jeder Teilnehmer nur mit seinem primären System arbeitet. Schon früher war es problemlos möglich, zwischen Skype for Business und Cisco WebEx eine "Federation" aufzubauen. Cisco WebEx hat dazu das SIP-Protokolle und Workloads soweit getrieben, dass es für Lync/Skype for Business wir eine andere Installation ausgesehen hat. So konnte ein Lync/Skype-Benutzer mit einem Cisco-Nutzer mit einigen Einschränkungen sogar den Status und Chat-Nachrichten austauschen. Sogar Audio/Video war möglich.

Aber auch Microsoft hat in der "Interop"-Story gearbeitet. Schon zu Skype for Business-Zeiten wurde die "Bildschirmfreigabe" zum Teilen von Dokumenten von RDP/TCP um Video Based Screen Sharing (VBSS) erweitert, d.h. statt Windows-GDI-Befehle des Terminal-Servers wurden die Bilder als "Video" übertragen, so dass auch 3rd Party Konferenzsysteme zumindest als Teilnehmer die Freigabe sehen konnten. Mit Teams ergeben sich andere Optionen:

  • Teams auf Device
    Der Teams Client ist eigentlich "JavaScript" und "WebRTC" auf "Chromium". Wenn Sie heut einen 3rd Party Konferenzclient haben, dann können Sie durchaus mal schauen, ob die dort nicht einfach Microsoft Teams drauf installieren oder per Browser betreiben können. Es ist sicher nicht der nahtloseste Weg, zumal Microsoft den "Konferenzclient" eines Teams Room Systems nicht allgemein zugänglich macht
  • Interop gateway
    Eine andere viel interessantere Funktion ist aber das Interop-Gateway, mit dem Sie 3rd Party Konferenz-Systeme als Client in ein Teams Meeting bringen können. Entsprechend 3rd Party Hersteller stellen in der Cloud eine Brücke bereit, die auf auf der einen Seite mit Teams über die Bot-Schnittstelle kommuniziert und auf der anderen Seiten die Kompatibilität zur 3rd-Party-Lösung herstellt

Gerade die zweite Option mittels "Interop" ist der Weg, den Sie gehen sollten. Für die bekannten Marktbegleiter ist es daher nicht überraschend, dass Sie entsprechende Dienste bereitstellen.


Quelle: https://docs.microsoft.com/en-us/microsoftteams/cloud-video-interop#partners-certified-for-microsoft-teams

Microsoft stellt diese Dienste nicht selbst bereit. Das würde auch keinen Sinn machen, wenn Microsoft in Teams nun die verschiedenen Protokolle von Cisco, pexip, Bluejeans oder Poly nachprogrammieren würde. Stattdessen gibt es in der Cloud die bekannten Teams APIs, über die 3rd Party Entwickler sich mit Teams verbinden können. Per Graph und Azure Communication API können Partner ihre Lösung nun an Teams anbinden:


Quelle: https://docs.microsoft.com/en-us/microsoftteams/cloud-video-interop#cloud-video-interop-overview

Das Endgerät der 3rd Party Lösung kommuniziert mit der Partner-Plattform die dann die Kommunikation zu Teams übernimmt.

Aber auch in Teams wird das Interop Gateway konfiguriert und damit kommt eine neue Funktion in der Form hinzu, dass die Meeting-Einladungen zusätzlich auch die Teilnahmeinformationen für die 3rd-Party Lösung enthält.

Durch das Interop Gateway wird Teams für diese 3rd Party Konferenz-Systeme erreichbar. Technisch bedeutet das aber, dass eine solches Konferenzsystem natürlich auch entsprechend über das Internet mit dem Gateway kommunizieren muss. Allzu alt darf diese Hardware daher auch nicht sein.

Vorwurf: Teams ist nur für kleine Meetings

Wenn Sie einmal in einem Poly "Real Presence"-Raum oder Cisco Telepresence-System gearbeitet haben dann ist es schon beeindruckend, wie leistungsfähig und beeindruckend solche Systeme sind.


Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Cisco_TelePresence


Quelle https://www.polycom.de/content/www/de/hd-video-conferencing/realpresence-immersive-video-telepresence/realpresence-immersive-studio-flex.html

Die meisten Menschen kennen Teams bislang nur von dem Einsatz auf dem eigenen PC mit einer Webcam und vielleicht einem Headset. Das bedeutet aber nicht, dass Teams nur für diesen individuellen Einsatz geeignet ist. Microsoft selbst hat ja schon verschiedene Konferenz-Geräte selbst entwickelt. Siehe

Sie geben schon einen ersten Ausblick, dass Teams durchaus zu Höherem berufen ist. Ich selbst war schon Teilnehmer aber auch Sprecher in Events mit bis zu 1000 Teilnehmern in einem Teams Meeting oder haben Kunden bei der Organisation eines Teams LiveEvent unterstützt. Die komplette Plattform ist durchaus in der Lage auch große Meetings zu betreiben.

Es bleibt natürlich die legitime Frage, ob solche klassischen "Räume" in denen sich Personen einfinden und über XXL-Bildschirme mit anderen Personen in einem anderen Raum und Ort noch zeitgemäß sind. Sie sind sicher nicht mehr der Regelfall. Früher haben Mitarbeiter regelmäßig telefoniert und die Videokonferenzen waren den "Führungskreisen" vorbehalten. Durch PCs, WebCams, Teams und Covid19 sind viel mehr Personen mit "kleinen" Video-Konferenzen in Kontakt bekommen und ich bin sicher, dass dieses neue Arbeitsmittel auch nicht mehr so schnell verschwinden wird. Es sind aber eher kleinere persönlich Meetings.

Alle anderen Meeting in eigenen Räumen und großem Medienaufwand wird es seltener geben aber auch die kann Teams durchaus bereitstellen. Sie müssen nur überlegen, welche Schritte und Geräte dafür sinnvoll sind. Auf der Seite XXL-Meetingguide habe ich nicht nur ein paar Szenarien sondern auch ein technisches Beispielsetup beschriebe, mit dem einige Firmen auch größere Events bespielt haben. Der Kern war auch hier ein Teams Meeting mit PCs für die Sprecher aber zusätzlichen und dennoch günstigen Komponenten, um das Meeting professioneller zu gestalten.

Use Case definieren

Ehe Sie also Teams von vorneherein als untauglich klassifizieren oder vorschnell ihre installierte Cisco-Plattform einmotten, sollten Sie eine Beschreibung der Anwendungsfälle anfertigen. Anhand dieser kann dann geprüft werden, welche vorhandenen Geräte und Produkte dafür eingesetzt werden können oder welche Komponenten fehlen. Es kann aber auch bedeuten, dass eine wenige Jahre alte Cisco-Meeting-Installation im Sinne ihrer Neuaufstellung letztlich verkauft wird. Es lohnt sich nicht immer, mit aller Macht sehr unterschiedliche Geräte über ein Interop-Gateway am Leben zu erhalten.

Unterstützung durch Net at Work:
Das Thema 3rd-Party Geräte und Konferenz lässt sich nur schwer verallgemeinert beschreiben. Vielleicht ist eine direktes Consultant für sie interessant.

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