Lync Konferenz Client

Es gibt sehr hübsche und leistungsfähige Konferenzsysteme, z. B. von Polycom, LifeSize, und mit dem Lync Room System hat Microsoft zusammen mit Smart und Creston eine komplette Lösung für Lync entwickelt. Allerdings haben diese Systeme oft den Kostenfaktor als großen Nachteil. In Zeiten in denen große LCD-Bildschirme in jedem Elektrohandel für unter 1000€ verkauft werden oder in vielen Firmen schon vorhanden sind und PCs schon fast verramscht werden. stellt sich schon die Frage, warum Sie viel Geld ausgeben sollen um einen bestehenden Besprechungsraum mit Großbildschirm nun auch zum Lync Meeting Room aufzuwerten. Eigentlich würde doch ein Windows PC mit Lync und einem guten Mikrofon, passenden Lautsprechern und eine HD Kamera reichen. Wo ist der Mehrwert einer Konferenzhardware, die vielleicht 10.000€ und mehr kostet? Schauen wir uns die Komponenten einmal an:

Gesamtsystem

Wenn wir von Lync auf einem Desktop mit einer Webcam auf dem Monitor, Headset und LCD-Monitor in einen Besprechungsraum wechseln, dann können Sie kleinere Räume vielleicht mit einem kleinen Raumsystem wie einem Logitech BCC950, Jabra Speak 410, Roundtable oder Calisto 620 M starten und einen bestehenden Monitor an der Wand nutzen, aber der Raum sollte "überschaubar" bleiben. Größere Räume oder mehr als vielleicht 4-6 Teilnehmer können Sie damit nur schwer abbilden. Besonders das Thema Bild und Ton wird umso kritischer, je mehr Personen teilnehmen und damit die Entfernungen zunehmen.

Technisch bestehen fast alle Konferenzsysteme aus den gleichen Komponenten:

  • Einer Zentraleinheit.
    Das kann Windows mit einer Software sein oder ein Unix oder eine komplett proprietäre Plattform.
  • Mikrofon und Lautsprecher
    Gerade die kommerziellen Systeme investieren hier in ein oder mehrere Mikrofone mit Rausch- und Echounterdrückung und auch die Lautsprecher sind nicht mit klassischen "Brüllwürfeln" an PCs zu vergleichen. Sie müssen schließlich den Raum mit Sprache verständlich zu beschallen ohne zu laut zu sein.
  • Monitor und Kamera
    Meist kommen 1-2 große Monitore zum Einsatz die von einer leistungsfähigen Kamera unterstützt werden.
  • Eingabegeräte
    Meist kommt hier eine Maus und Tastatur oder eine "Fernbedienung" zum Einsatz, aber immer öfter sehe ich auch Tablets oder Touchpanels als Steuerungsgerät.

Schaut man sich diese Komponenten an, dann können Sie diese in unterschiedlichen Qualitäten in jedem Elektromarkt kaufen und zusammenstecken. Dann fehlt nur noch ein Lync Client auf einem Windows PC und fertig ist das Konferenzsystem. Es könnte so schön sein, aber ein Lync Client, der nicht nur Konferenzen sondern auch IM, Presence und für den täglichen Desktopeinsatz geeignet ist, ist nicht wirklich "optimal" für eine Konferenzlösung. Ein "Lync Konferenz Client" wäre hier eine wichtige Funktion. Aber reicht allein eine Software ?

Kommunikation

Ein Lync Konferenz-System muss natürlich per Ethernet mit dem Lync Server bzw. genauer der MCU auf dem Lync Server kommunizieren können. Alle anderen Funktionen, d.h. andere Clients, externe Clients oder auch Telefoneinwahl stellt die Lync Infrastruktur bereit. Andere Konferenzsysteme, die auch aber nicht nur Lync können, haben oft noch andere Schnittstellen, z.B. mehrere S0-Anschlüsse, um althergebracht mit anderen Konferenzsystemen per ISDN zu kommunizieren. Allerding ist dieser Anteil stark abnehmend, da ISDN Anschlüsse (ich habe Geräte mit 8x S0 gesehen) recht hohe monatliche Kosten verursachen, von den Gesprächskosten ganz zu schweigen. Dennoch ist H.323 immer noch ein häufig verbreitetes Protokoll.

Audio: Mikrofon und Lautsprecher

Es gibt unterschiede bei Headsets und genauso unterscheiden sie die Mikrofone und Lautsprecher. Ein guter Konferenzraum hat ein gutes Mikrofon und richtig dimensionierte Lautsprecher, die sich gegenseitig aber nicht stören. Gerade bei diesen Geräten wird oft gespart oder irrtümlich mit "PC-Equipment" gearbeitet. Glauben Sie wirklich, dass das Mikrofon in ihrer Webcam geeignet ist, um einen Besprechungsraum adäquat aufzunehmen?. Es ist viel zu "Nah"-empfindlich, da bei einer Webcam der Mensch kaum mehr als 1m entfernt sitzt. Zudem nimmt die Stärke einer Aussprache zu Entfernung sehr stark ab, Ihre Schallenergie kann sich ja in alle Richtungen Ausbreiten.

In Konferenzräumen werden daher je nach Größe auch mehrere Mikrofone eingesetzt, die aber eine Kugelcharakteristik haben. Oder Sie sind vorne am Monitor montiert und haben dann eine "Keule" und auf keinen Fall die Nierencharakterisik von Nahfeld-Mikrofonen.

Auch bei den Lautsprechern gilt, dass ein kleiner Notebook-Speaker nicht genug "Wumms" hat, um die Verständlichkeit der Sprache sicher zu stellen. Zudem muss er nicht unbedingt "HiFi"-Klang übertragen, sondern auf Sprache optimiert sein. Wobei ein großer Konferenzmonitor durchaus auch andere EinsatzMöglichkeiten bietet.

Es muss aber nicht immer die komplette Soundanlage sein Besondere Audio-Geräte (Siehe Konferenzgeräte) erlauben es zumindest mittlere und kleine Konferenzräume mit vielleicht bis zu 10 Personen auch ohne aufwändige Installation zu betreiben.

Video: Monitor und Kamera

Hier werden die meisten Fehler gemacht, wenn man versucht, einfach einen Monitor, der für Präsentationen an der Wand hängt und eine handelsübliche Webcam zu verwenden. Zuerst zur Webcam: Die kann gut und gerne auch HD mit 1080p aufnehmen aber die meisten klassischen Webcams haben ein sehr kleines Objektiv und vielleicht einen Autofocus, der aber in der Regel nicht steuerbar ist. Bedingt durch die Bauart kommen auch sehr kleine Sensoren zum Einsatz. Halten Sie einfach mal eine <100€ Kompaktkamera neben eine Vollformat-Spiegelreflex. Allein die Gehäusegröße ist unterschiedlich aber auch die deutlich größeren Abmessungen und Objektive (und damit teurer) lassen viel mehr Licht rein, so dass eine große Kamera mit einer kleinen Blende arbeiten kann was der Tiefenschärfe zugute kommt. Hier exemplarisch an einem Vergleich einer Polycom EagleEye zu einer WebCam.

Die Polycom kann schon aufgrund der besseren Hardware ein viel besseres Bild in der Situation liefern. Der Tisch steht weiter weg und mehrere Personen sitzen in unterschiedlichen Entfernungen zur Kamera. Eine kleine Webcam hat eher ein Weitwinkelobjektiv und die Schärfeebene ist viel näher. Zudem können sie den Autofokus, wenn vorhanden, in der Regel nicht steuern. Die Fokussierung auf einen Kopf ist einfach, einen Konferenzraumtisch mit Tiefe ist ein unlösbares Problem. Die Kamera muss in einem Konferenzraum versagen. Hier müssen Sie also sicher andere Technik aufwenden. Es soll digitale Spiegelreflexkameras geben, die auch an PC als Webcam agieren.

Bei den Monitoren kann auch einiges schief gehen. Gerade Plasma-Bildschirme neigen zur Anpassung ihrer Helligkeit aufgrund der angezeigten Information oder um eine Überlastung zu verhindern. Ich habe das selbst beobachten können, dass ein Monitor beim Wechsel einer Powerpoint oder wenn z.B. auf einem Monitor ein dunkles CMD-Fenster aufgeht, die Gesamthelligkeit sich verändert. Das kann unangenehm werden. Monitore, die beim Fernseherlebnis sehr gut abschneiden, können bei der Anzeige eines relativ statischen Videokonferenzbilds oder PC-Inhalten schlechter abschneiden. Auch die Position des Monitors sollten sie überlegen. für eine Präsentation ist es hilfreich den Monitor höher anzubringen, damit auch weiter hinten sitzende Personen alles sehen können. In eine Videokonferenz sieht es aber unnatürlich aus, wenn alle Menschen übertrieben "nach oben" schauen. Hier kann es daher interessanter sein, die Monitormitte quasi auf die Tischoberkante auszurichten, damit man "waagerecht" sich anschauen kann. Die Kamera sollte dann idealerweise in der Mitte des Monitors sein, was natürlich nicht möglich ist. Also wird man sie auf dem Monitor montieren.

Suchen Sie z.B. in der Google Bildersuche einfach nach "Telepresence" und sie werden sehr viele Fotos von professionellen Systemen finden. Auch wenn Sie vielleicht nie so ein System kaufen wollen, so können Sie viel von den Bildern lernen, z.B.: die Positionierung von Monitoren, die Gestaltung des Umfelds. Aber Achtung: Einige Bilder zeigen auch, wie man es nicht machen soll. Eine "Werbebannerwand" hinter den Personen bringt nur unruhe ins Bild auf der Gegenseite.

Wenn Sie keine speziellen Konferenzkameras installieren wollen, die sich z.B. nach dem Sprecher ausrichten aber eine einfache Webcam nicht geeignet ist, dann könnten Sie Glück bei normalen Digitalkameras oder DV-Kameras haben, wenn diese denn auch als WebCam in einem PC arbeiten können. Hierbei muss aber beachtet werden, wie die Kamera dauerhaft mit Strom versorgt wird.

Oder sie setzen doch einen AV-Grabber ein, der im PC als Kamera erscheint und klassisch eine Kamera abliest.

Ich will hier keine Empfehlung für bestimmte Kameramodelle aussprechen, da der Modellzyklus bei Kameras sehr schnell ist. Zudem ist es sehr schwer auf den Seiten der Hersteller die Eignung als WebCam in Erfahrung zu bringen.
Ich finde allerdings z.B. viele Hinweise, dass Kameras per FireWire mit PCs verbunden und dann als Webcam arbeiten können.

Wichtig ist bei der Kamera, dass Sie natürlich "montiert" werden kann, d.h. einen Schraubanschluss hat und bei einer Aufstellen auf dem Monitor in entsprechender Entfernung das Objektiv passend bezüglich Zoom und Schärfe eingestellt werden kann. Aus meiner Sicht hier ist eine möglichst kleine Blende bei entsprechender Beleuchtung für eine hohe Schärfentiefen erforderlich, so dass der Autofokus abgeschaltet werden kann.

Signal-Fremdeinspeisung

Die meisten klassischen Konferenzsysteme sind ja kein PC und somit kann auf ihnen auch kein PowerPoint o.ä. laufen und Präsentieren. Da ist ein Lync Client natürlich im Vorteil. Daher haben viele Konferenzsysteme noch einen separaten Video-Eingang (VGA o.ä.) mit der sie von einem PC ein Bild in die Konferenz einspielen können. Leider sind die so präsentierten Bilder von der Qualität und vor allem Bandbreite nicht immer optimal, schließlich muss ein Framegrabber das Bild erst wieder aufzeichnen, codieren und übertragen. Das ist mit Lync so natürlich nicht erforderlich, wenn Powerpoints über den OfficeWebApp Server oder Bildschirme quasi per RDP bandbreitenschonend und ohne Auflösungskompromisse übertragen werden können. Auf solch einen Nebeneingang kann mit mit einer Konferenzlösung aus Basis von Lync in der Regel verzichten. Es hindert mich aber niemand daran einen Grabber zu verbauen, der dann quasi wie eine WebCam das Bild aufzeichnet.

Steuerung

Dann bleibt noch die Frage, wie so ein Konferenzsystem sinnvoll gesteuert werden kann. Natürlich wäre ein Touchpanel optimal. Alternativ können es zusätzliche Tasten sein. Hier ein paar Optionen:

  • IPad/Android
    Der sicher interessanteste Weg ist natürlich die Fernsteuerung des PCs unter dem Tisch über ein per Funk (WiFi oder Bluetooth) angebunden Tablet. Eine Fernsteuerung des Desktops per RDP wäre eine Option aber sicher nicht erste Wahl. Pfiffiger wäre schon eine entsprechende App oder eine Webseite mit der sich der Desktop Lync Client steuern lässt
  • Wacom Tablet
    Wenn es kein Tablet mit Digitizer sein kann, dann könnte ein Wacom-Table (oder ähnliches) natürlich eine sinnvoller Alternative sein. Es lässt sic vortrefflich darauf malen und bei einigen Geräten kann eine Schablone mit einer Belegung darüber gelegt werden. Allerdings wäre eine Software auf dem PC erforderlich, der diese Eingaben dann in Lync-Befehle umsetzt
  • AK100 - 24 frei programmierbare Tasten
    http://www.activekey.de/tastaturen/kompakte-tastaturen/ak-10024-freiprogrammierbare-kassentastatur-mit-24-tasten
    Ein anderes Modell wäre natürlich eine zusätzliche auf den Einsatzzweck optimierte Tastatur. Auch hier wäre natürlich eine Software auf dem PC zur Ansteuerung von Lync erforderlich. Nicht alle Funktionen lassen sich durch "einen" Hotkey erreichen, sondern sind Kombinationen

Software

Generell stellt sich natürlich die Frage, ob der Lync Clients überhaupt als Konferenzclient optimal ist. Sicher ist er immer besser geworden und wenn er ausreichen würde, könnte zusätzliche Entwicklungsarbeit unterbleiben. Auf der anderen Seite ist der normale Desktop Client nämlich auch ein Tausendsassa, der nicht nur für Konferenzen optimiert ist, sondern z.B. auch Buddylisten, VoiceMail etc. anbietet. Alles Dinge die in einer Konferenz überhaupt nicht erforderlich sind. Auf der anderen Seite reicht der "WebApp"-Client von Lync 2013 als reiner Konferenzclient leider auch nicht aus, das er zumindest für Konferenzleiter zu wenig Funktionen bietet. In einer Konferenz gibt es zusätzliche Anforderungen wie z.B. Kamera schnell blind schalten, Mikrofone stumm schalten, optimierte Anzeige der Teilnehmer. Dinge eben, die auf dem normalen Client eher selten ausgeführt werden und daher etwas versteckt sind oder erst nach dem Anklicken oder Berühren einer vorgelagerten Schaltfläche erreichbar sein.

Ich könnte mir vorstellen, dass in der Lücke zwischen dem einfachen Lync Client als Konferenzclient am unteren Ende und Lösungen wie dem Lync Room System an der anderen Seite durchaus "Platz" für eine Lösung dazwischen. Ich warte nur auf pfiffige Softwareentwickler, die mit den Lync Client Controls einen auf Konferenzen mit Standard Hardware optimierten Clients zusammenstellen.
Und es gibt schon erste Signale, dass hier bald was kommen könnte.

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