Archive Appliances

Archivlösungen müssen nicht immer große Server sein. Da gerade so genannte "Appliances" groß in Mode sind (2007/2008) und diese eine einfache Archivierung als "Blackbox"-Lösung versprechen, habe ich mir auch deren Konzepte einmal exemplarisch angeschaut.

Zwei häufige Umsetzungen

Bei den Appliances sind zwei prinzipielle Lösungsansätze zu unterscheiden

  • SMTP-Integration
    Hierbei wird die Appliance in den Mailfluss zwischen Internet und internem Mailsystem eingebunden, um alle Mails auf diesem Transportweg in ein Archiv zu kopieren. Eingehende sollte die Einbindung natürlich nach dem Spamschutz und Virenscanner erfolgen und Spamschutzlösungen sollte die Mails nicht "gekennzeichnet" an das Mailsystem weiter geben, sondern vorher ablehnen oder in eine Quarantäne ablegen
  • Exchange Journal Integration
    Andere Appliances erfordern die Konfiguration eines Journalpostfachs, welches dann von der Appliance geleert wird. Oft erfolgt der Zugriff per POP3

Archiv Appliance

Einige Appliances agieren sogar als TCP/IP-Router  bzw. Proxy und schneiden quasi den Netzwerkverkehr mit, um die Mails aus dem Datenstrom heraus zu holen und in das Archiv zu übertragen.

Die Ansätze sind eher einfach aber erfüllt oft den primären Zweck, dass im ersten Fall alle Mails aus und an das Internet und im zweiten Fall zusätzlich auch alle internen Nachrichten als Kopie im Archiv landen. Durch den Verzicht auf MAPI-Zugriffe auf die Postfächer, das Ersetzen von Mails durch Stub-Mails" und andere Einschränkungen können natürlich auch andere Betriebssysteme zum Einsatz kommen, die POP3 und SMTP unterstützen.

Archive und Retrieval

Die Funktionsweise ist schnell erklärt:

  • Alle eingehenden und ausgehenden Mails landen als Kopie im Archiv
    Damit sollte der Anspruch an die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein.
  • Der Benutzer kann Mails jederzeit in seinem Postfach löschen
    Dadurch werden die Elemente im Archiv nicht gelöscht und können weiter gesucht und gefunden werden
  • Der Benutzer kann Mails per Websuche auf der Appliance "suchen"
    Ohne Integration und Stub-Mails in Outlook bleibt den Anwender nur die Suche per Webbrowser oder proprietärer Anwendung. Eine HTML-Seite kann man aber zumindest als "Orderhomepage" in Outlook verstecken.
  • Der Benutzer kann gefundene Mails im Archiv "erneut senden" lassen.
    Findet ein Benutzer die Mails im Archiv, dann kann er sich diese meist einfach "erneut senden" lassen. Sie landen dann natürlich wieder im Posteingang des Benutzers und nicht in dem Ordner, in dem Sie vielleicht mal einsortiert wurden
  • Der Benutzer muss manuell erledigte Mails im Postfach löschen
    Notfalls könnte dies auch eine Mailbox Richtlinie oder ein Skript machen
  • Das Archiv kann als Restore Quelle für Mails dienen
    Dies gilt aber nur für Mails und nicht für Termine, Kontakte, Aufgaben etc.

Einschränkungen

Auf der CeBIT 2008 konnte ich in der Diskussion mit einem Appliance Anbieter einige Daten und Ergebnisse erhalten, die ich aber nicht anhand eigener praktischer Erfahrungen nachvollziehen konnte. Zudem ist es eine IST-Aufnahme einer Appliance und keine Marktübersucht und schon gar kein Vergleich. Es liegt bei ihnen, ihnen Bedarf und die dazu passende Lösung zu ermitteln.

Auch wenn eine Appliance erst einmal einfach günstig und schnell installierbar erscheint, so steckt hinter dem Begriff der Archivierung mehr als nur das Kopieren von übertragenen Nachrichten in ein Archiv und eine Suche per Webbrowser mit optionaler erneuter Zustellung. Sicher erfüllen diese Lösungen den Ansatz der Archivierung übertragener Daten aber sie helfen nicht direkt durch eine Einsparungen von Kapazitäten der Exchange Datenbank. Es obliegt den Benutzern, erledigte Vorgänge zu "löschen" und auf diese bei Bedarf über die Suchfunktion des Archivs wieder zu finden oder sich erneut zustellen zu lassen. Einige Fragen sind mir aber offen geblieben

  • Keine Abbildung von unterordnern
    Das Archivieren der übertragenen Mails kann nicht darauf Rücksicht nehmen, wohin der Mitarbeiter die Inhalte mittlerweile verschoben hat. Ein Benutzer kann daher auch im Archiv nicht nach Inhalten bestimmter Ordner suchen
  • Zustellung statt "Restore"
    Ohne die Zugriffe auf den Postfachspeicher des Benutzer und Informationen über den letzten Ablageplatz kann solch eine Archivlösung natürlich auch wieder herzustellenden Objekte nicht direkt an den alten Platz stellen, sondern einfach wieder per Mail in den Posteingang "zustellen". Das relativiert natürlich auch die Aussage bezüglich der Eignung als Single Item Restore.
  • keine STUB-Mails als schneller Zugriff von Outlook
    Nicht immer will ein Benutzer Mails sofort komplett löschen. Klassische Archivlösungen bieten hier den Zwischenschritt an, die Originalmail in das Archiv zu übertragen und einen kleinen Platzhalter zurück zu lassen und diesen erst viel später zu entfernen. So kann ein Anwender direkt aus Outlook mit den passenden Formular auch auf die archivierten Objekte zugreifen. Mit der Appliance muss er immer zum Webbrowser wechseln, suchen und zustellen lassen.
  • Keine "Offline Funktion"
    Ohne Platzhalter und direkten Archivzugriff ist es dann auch nicht möglich, Objekte, die in Outlook nur als Stub-Objekt existieren, auch offline verfügbar zu machen.
  • Keine Version und Übernahme der Änderungen Eine Mail kann sich auch nach dem Empfang im Posteingang noch ändern. Wenn Sie z.B. auf eine Mail Antworten, dann merkt sich Outlook diese Informationen auch bei der Mail und zeigt diese auch an. Auch Kennzeichnungen, Kategorien oder andere Merkmale werden natürlich nicht in das Archiv übertragen. Auch eine Versionierung (z.B. bei Kontakten und Terminen) findet nicht statt.
  • Backup des Archivs/Sicherheit der "Disks"
    Allein eine Kopie einer Mail auf einem Zeiten System. welches als Archiv bezeichnet wird, ist noch kein Archiv. Auch eine Appliance hat "nur" Festplatten und könnte ebenfalls ausfallen. Sie muss genau wie jeder andere Server in die Datensicherung eingebunden werden oder sichert sich selbst auf einen weiteren müssenspeicher. Schade nur, wenn Sie eine Sicherungssoftware einsetzen, die keinen Agent für die Appiance hat und damit diese Sicherung nicht im Enterprise Planer der Sicherung mit auftaucht. Zur Kontrolle ist ein Mehraufwand erforderlich

Faktisch haben wir hier zwei verschiedene Ansätze, die beide von einem Archiv sprechend aber komplett unterschiedliche Ansichten widerspiegeln. Allein die Verkaufsform "Appliance" ist sicher kein geeignetes Kriterium zur Auswahl einer geeigneten Archivlösung. Hier gilt es dann noch eine Vergleichsliste mit den Anforderungen und Möglichkeiten zu erstellen.

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