POP3 Varianten

Es gibt immer noch Provider, die Ihnen POP3 als das Protokoll der Wahl zur Anbindung eines Exchange Servers anbieten. Sie sollten dann besonders skeptisch sein, da der Provider dann entweder nicht weiß, wovon er spricht oder ihre Anforderung nicht richtig verstanden hat. Auf jeden Fall sollte er ihnen eine Referenz nennen können, bei der ein anderer Kunde des Providers eine Mails über diesen Weg abholt. POP3 ist kein Protokoll für die Verbindung zweiter Mailserver, sondern zur Anbindung eines Clients. Ein Exchange Server ist aber eben kein Client, sondern ein voller Mailserver. Das darf nicht verwechselt werden mit dem "Exchange Client", wie er mit Windows 95 verfügbar war. Wenn Sie nun doch Mails per POP3 abholen wollen, dann sollten sie zwei generelle Varianten unterscheiden:

  • Einzelpostfächer
  • Sammelpostfächer

Sie können natürlich auch kombinieren.

Einzelpostfächer

Dies war die erste Technik, einer Person oder eine Firma eine Internetadresse zu verpassen. Ausgewählte Personen konnten sich über Modem oder andere Wege die Nachrichten aus dem Server des Providers abholen. Je mehr Mitarbeiter eine Adresse benötigten, desto mehr Zugänge wurden notwendig. Die Mails lagen alle beim Provider. Sie brauchen intern keinen Exchange Server. Oft lautete die Mailadresse denn Benutzer@firma.provider.de, d.h. auch der die eigene Domain wurde "eingespart". Der Provider ist der Server und ihr PC war der Client.

Dieser Weg wird weiterhin für Privatpersonen interessant sein, z.B. über freie Mailserver (www.gmx.de oder www.web.de) oder Webprovider wie www.puretec.de oder andere. für Firmen ist diese Anbindung nicht anzuraten. So lassen einige Provider nur alle 15 Minuten die Verbindung zum POP3 Server zu, was natürlich zu entsprechenden Verzögerungen führt.

Wenn Sie nun Exchange eingeführt haben, um intern eine effektive Plattform für Nachrichten bereit zu stellen, dann überwiegt hier der Wunsch der sanften Migration. Der saubere Weg ist nun, dass der Provider alle Mails an die alten Postfächer einfach an ihre Firmenadresse weiterleitet. Alternativ können Sie auch als Administrator ein Programm einsetzen um alle Mails regelmäßig abzuholen und weiterzuleiten. Es sollte Firmen geben, die dazu sogar Outlook Express mit Regeln einsetzen.

POP3 Mischbetrieb

Es gibt übrigens noch immer Firmen, die sogar einen Mischbetrieb fahren, bei dem die Anwender selbst ihre Mails per POP3 beim Provider abholen, obwohl es einen Exchange Server intern gibt. Sie sparen sich damit die Anbindung des Exchange Servers an das Internet und können sehr günstig einen POP3-Provider verwenden. Der interne Exchange dient dann nur der internen Kommunikation.

Die Fakten einer solchen Anbindung sind aber:

  • Mails liegen beim Provider
    d.h. keine Stellvertretung, keine Regeln etc
  • Benutzer werden beim Provider gepflegt
    d.h. kein Single SignOn, Kennworte nicht synchron, meist Kennworte im Klartext (POP3 ohne SSL) auf der Leitung
  • Erhöhtes Datenvolumen
    Das prüfen eines POP3 Postfachs auf neue Mail überträgt ca. 12 TCP/IP-Pakete mit ca. 2 kByte. Wenn nun 100 Personen während der Arbeitszeit (8h) nur alle 5 Minuten ihr Postfach prüfen, dann sind dies 20 Anmeldungen pro Minute oder 60 KByte/Min Dauerlast. Wenn Sie dann eh nur eine Wähl oder 64kBit ISDN-Verbindung haben, dann kostet Sie das sehr schnell viel Geld und Bandbreite.
  • Firmendaten liegen beim Provider
    Damit stellt sich die Frage der Sicherheit gegen Ausfall (Backup ?) und besonders der Zugriffsschutz. Nachrichten bei gängigen POP3-Servern liegen als ungesicherte Textdateien in Verzeichnissen vor.
  • Kein zentraler Virenschutz oder Spamschutz, kein Archiv#
    Es sei denn der Provider bietet diese Leistung an. Dann fehlt aber meist die individuelle KonfigurationsMöglichkeit

Diese Anbindung ist also nur dann sinnvoll, wenn Sie intern keinen Mailserver haben, oder z.B.: nur ausgesuchte Personen ein Postfach beim Provider abholen sollen. für die Anbindung einer größeren Firma macht diese Variante keinen Sinn.

Sammelpostfächer

Im Gegensatz zu vielen kleinen POP3 Konten bieten viele Provider an, alle Mails für eine Domäne in ein einziges Postfach zu werfen. Diese Anbindung war zwischen 1997 und 2000 häufig ein Angebot. Der Provider hat den DNS-Server und den Mailserver betrieben und Sie als Kunde konnten unendlich viele Postfachnamen verwenden. Ohne viel Know-how konnte der Provider jede Mail an "xxx@firma.de" in das Sammelpostfach ablegen. Sie haben dieses Postfach dann mit einem POP3 Programm einfach regelmäßig ausgelesen und intern die Mails verteilt.

Elegant hierbei ist, dass der Provider den gesamten Betrieb des Mailservers bereitstellen muss und keinen Aufwand für DNS oder IP-Adressen für die Zustellung zu Ihnen hat. Allerdings ist es ihre Holschuld, die Nachrichten zu erhalten. Daher bieten ihnen Provider auch heute noch diesen Weg gerne an, wobei sie die Probleme (Kopieempfänger, Relay, Update einer Komponente kann die Funktion stören, da kein Standard etc.) als auch die Nachteile (keine Zustellung, regelmäßiges Abfragen, Verzögerungen etc.) zu können sind.

Beispiele gibt es hier zu Tausenden mit ebenso vielen Problemen. Lesen Sie daher bitte die die Abhandlung zu Probleme bei POP3. Daher verzichte ich hier auch auf eine Beispielausführung. Fragen Sie ihren Provider. Er sollte ihnen helfen, schließlich bezahlen Sie für eine Leistung.

Envelope:To

Die Anbindung über ein Sammelpostfach hat aber auch einen großen Nachteil, der meist nicht erwähnt wird. Normalerweise landen in einem Postfach nur die Mails mit dem Header. Bei der Übertragung über das Internet wird aber auch ein "Envelope" übertragen. Diese Informationen sind ausschlaggebend für die Zustellung und in einer normalen POP3-Mail nicht mehr enthalten.

Ohne entsprechende Vorkehrungen kann ein POP3-Sammler daher aus der Mail nur ungenügend die originalen Informationen wieder herstellen, was zu Problemen bei der Zustellung führen kann (z.B. keine funktionierenden Blindkopien, Siehe auch Probleme mit POP3Sammlern). Aus diesem Grund ist es für den Einsatz von POP3-Sammelaccounts (CatchAll Mailboxen) erforderlich, dass der Provider die Informationen aus dem ursprünglichen Envelope mit in die POP3-Mail einbettet und das Sammelprogramm diese Informationen zum einen auswertet und auch wieder entfernt. Würde der POP3-Sammler die Information nicht entfernen, dann wäre eine Blindkopie nicht mehr unsichtbar für andere Empfänger. Häufig werden folgende Felder dazu benutzt:

  • Envelope-To:
    Diese Feld ist in der RFC zwar nicht definiert aber aufgrund des breiten Einsatzes dürfte zukünftig damit kein Problem zu erwarten sein. Allerdings ist es auch nicht garantiert, dass jedes System damit etwas anfangen kann.
    Sie unterstützt z.B. der Mailserver EXIM (Siehe http://www.exim.org/exim-html-3.20/doc/html/spec_49.html) explizit das entfernen dieses Feldes
  • X-Envelope-To:
    Alle Felder mit einem "X-" Prefix sind benutzerdefinierte Feld und daher schon per Definition frei von Vorschriften. Es kann aber nicht sicher gestellt, werden dass Anwendungsprogramme oder Mailserver diese auch verstehen und weiter geben.
  • X-Recipient-To:
    Sieht man auch manchmal
  • Delivered-To
    Soll auch von einigen Providern genutzt werden

Das größte Problem ist einfach, dass es eben nicht definiert ist, in welchem Feld die erforderlichen Informationen des Envelope abgelegt werden. Daher ist es wichtig, dass Sie sich mit ihrem Provider für das Sammelpostfach abstimmen, welches Feld wie genutzt wird und dass der Provider auch zukünftig sicher stellt, dass die Informationen auch nach einem Update eines Mailservers etc. wieder vorhanden sind.

Hier ein Hinweis zum SBS POP3-COnnector:

Der SBS POP-Sammeldienst holt die Mails per POP3 und legt diese in das Pickup-Verzeichnis des SMTP-Dienstes. Der POP-Sammeldienst wertet To:- sowie Cc:-Zeilen aus. Alle Empfänger, die dort aufgeführt sind, bekommen die Mails. This behavior is by design.

Wenn Sie einfach nur ein "Wildcard"-Postfach nutzen, um alle Mails an eine Domäne einzusammeln, dann ist keineswegs sicher gestellt, ob der Provider diese Zusatzinformationen mit ablegt.

Zusammenfassung

Bitte überlegen Sie genau, ob der Missbrauch einer Wählverbindung eines Einzelzugangs wie T-online T-DSL oder anderer Systeme passend für ihre Anbindung ist. Diese Anbindung mit Nutzung von POP3 Sammelkonten erscheint kurzfristig sehr günstig erscheint, aber über die Laufzeit können die Kosten und der Verdruss durch seltsame Effekte, Ausfälle und anderes sehr hoch werden.

Die Abwandlung von POP3 als Protokoll zur Serverkopplung mag funktionieren, aber wie lange?. Die Seiten und die Newsgroups sind voll von FAQs und Hilfeschreien. Da das Abrufen per POP3 kein Standard ist, können Sie nicht sicher sein, dass es eine Lösung für bestimmte Fälle gibt. Stellen Sie sich vor, der Provider aktualisiert seinen Mailserver und plötzlich müssen Sie auch etwas nachregeln. Als Kunde haben Sie damit schon mal einen Überraschungseffekt und auch als externe Dienstleister ist solche ungeplanten Aktionen alles andere als angenehm.

Ich kann von POP3 nur abraten, zumal es auch für die Anbindung per SMTP effektive Möglichkeiten gibt, auch bei der Nutzung einer Wählverbindung. Fragen Sie ihren Provider.

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